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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 188
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-01-02/0194
grundstüdce: „Diese sind zur Arbeit in Verding gegeben . . . Das Herbsterträgnis
wird als Wein geliefert, auch in Geld durch Versteigerung des Herbstertrages am
Stock (heute selten) oder durch Verkauf des Weines am Produktionsort. Meist
sind es Verwandte, die das Grundstück besorgen . . . Von sozialpolitischer Bedeutung
ist das Verhältnis durch seine engere Zusammenschließung der einzelnen Familienmitglieder
. . . Diese Bewirtschaftungsform ist auch zu finden unter Familienmitglieder
, die in ein und demselben Orte wohnen (vor und nach vollzogener
Erbteilung)." — Wie gesagt, „der kleinbäuerliche Betrieb von 2 — 5 ha steht im
Amtsbezirk Müllheim obenan". — Am Beispiel von sechs Gemeinden — Auggen,
Britzingen, Laufen, Müllheim, Neuenburg und Schliengen — wird im folgenden
eine tabellarische Detaillierung des jeweiligen Rebbesitzes gegeben. Der durch Erbteilung
hereindrohenden Parzellenwirtschaft wird in der Praxis dadurch gesteuert,
daß „in der Regel der Vater seinen heiratsrähigen Kindern schon frühzeitig Feld
abkauft, meistens Reben . . . Durch diese Erbgemeinschaft gezwungen, kaufen sich
die jungen Männer für ihr Geld, das sie sich durch Taglöhnern, Holzmachen oder
andere Arbeit ersparten, Land, um baldmöglichst einen Hausstand gründen zu
kennen . . . ". Mit andern Worten: der jeweilige Besitz wird zwar den Gesetzen
nach geteilt, jedoch stillschweigend wieder dafür gesorgt, daß zu sehr parzellierter
Besitz in der nachfolgenden Generation wieder sinngemäß zusammenfindet. „Die
Kleinbesitzer suchen durch Kauf und Zupacht ihren Besitz zu vergrößern, um sich
mit ihrer Familie auf eigene Füße zu stellen; die größeren Besitzer verminderten
den Umfang ihres Betriebes, um der fremden Arbeitskräfte ledig zu werden, deren
Angebot immer mehr im Verschwinden begriffen ist. (Diese Leutenot datiert erst
:c:t Ende des vorigen, Anfang des jetzigen Jahrhunderts. So berichtet uns ein Verwalter
eines größeren bäuerlichen Betriebes — insbesondere mit Weinbau —, daß
ihm im Jahre 1890 die Leute noch nachgesprungen seien!). Besonders bei der Bebauung
der Reben spielte ein weiteres Moment eine Rolle: die Rebgrundstücke
sind meistens im Akkord vergeben worden. Unter dieser Entlohnungsart ließ die
nötige Sorgfalt bei der Arbeit sehr zu wünschen übrig . . . Der Weinstock muß mit
Liebe gepflegt werden, und wer ihm nicht gut will, der kann nicht nur den schönsten
Herbst zunichte machen, sondern auf Jahre hinaus das Gedeihen und damit
den Ertrag beeinträchtigen." Ein angeschlossener Vergleich zwischen dem Rebbestand
der sechs beigezogenen Gemeinden zwischen 1895 und 1907 erzeigt, daß in
den kleineren Gemeinden die Rebfläche konstant oder sogar im Anwachsen, während
in Müllheim und Neuenburg — dem städtischen Charakter dieser Orte zufolge
— diese Fläche leicht zurückging. Neuenburg wurde zudem ein Sonderfall,
weil die Reben in der Regel mehr als eine Wegstunde vom Ort entfernt gelegen
und man infolge häufigen Spritzens gegen die Perenospera Rentabilitätseinbußen
zu befürchten hatte. Die Müllheimer Lagerbücher weisen vorm Kriegsausbruch
1914 zahlreiche Ausmärker, d. s. vor allem Neuenburger Bürger, die ihre Rebstük-
ke an näher gelegene Winzer anderer Gemeinden verpachtet hatten. Ursprünglich
war Neuenburg freilich reich begütert in der Müllheimer Region, nicht zuletzt
im vielbegehrten Reckenhager Gewann. In diesem Zusammenhang geht Fischer
nochmals auf die häufig anzutreffende Parzellierung der Rebstücke unserer Gegend
ein, er führt diese nicht zuletzt auf das Gesetz der Zehntablösung (1833) zurück:
für größeren Besitz war das Erbringen eines zwanzigfachen mittleren Betrags der
jährlichen Zehnteinnahmen von wenig vermögenden Bauern nicht ohne weiteres
aufzubringen, kleine Besitztümer aber konnten eher abgelöst werden. Vorausgegangen
war die Säkularisation: schon 1809 verkaufte der badische Staat nahezu
sämtlichen landwirtschaftlichen Besitz der kassierten Klöster und Stiftungen, darunter
sehr viel Rebland. Zunächst erwarben es kapitalkräftige Eigentümer. Diese
verkauften dann, indem sie vorweg die schlechteren Stücke an kleine Rebbauern
abstießen. Mäßige Ertragsjahre ließen die Bodenpreise weiter absinken. Technische
Fortschritte gefährdeten die Solidarität auch der landwirtschaftlichen Ware: „Die

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