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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 343
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0139
In Wyhlen stand der älteste bekannte Wolfsgalgen

von Erhard Richter

Eine im Basler Staatsarchiv aufbewahrte Urkunde von 1301 aus dem Klosterarchiv
St. Maria Magdalena erwähnt auf der Gemarkung Wyhlen einen Wolfsgalgen
*). Dieser ist dann bis 1655 mehrfach urkundlich belegt und muß nach
den Beschreibungen unterhalb der heutigen Rheinfelder Straße gestanden haben.

Aus welchen Gründen wurden nun im Mittelalter solche Wolfsgalgen errichtet?
Der bekannte Volkskundler Ernst Christmann ist der Meinung, daß man in
einem Raum, der mindestens von Schweden bis in die Schweiz reichte, den Wolf
früher an eigens errichteten Galgen bei öffentlichen Straßen aufhing und dies
als Strafgericht aufzufassen ist. Weil man den Wolf hierbei oft noch maskierte
und ihn so als menschliches Wesen darstellte, vermutet Christmann, daß diese
Rechtshandlung auf den Werwolfglauben zurückgeht. Nach diesem Glauben
konnte sich ein Mensch zeitweise in einen Wolf verwandeln und so großes
Unheil anrichten. (Mittelhochdeutsch wer = Mann, Mensch) 2).

Diese Vorstellung vom Wolfsmenschen kennen wir z. B. auch aus nordgermanischen
Sagen, und auch den Griechen und Römern war dieser Glaube
an die Verwandlungsfähigkeiten eines Menschen in einen Wolf vertraut, wie die
Bezeichnungen lykanthropos und versipellis für einen Wolfsmenschen beweisen.

Trotz dieses Werwolfglaubens wird auch die Ansicht vertreten, daß es sich bei
den Wolfsgalgen oft nur um Fangvorrichtungen für Wölfe gehandelt hätte3).
Beim Wyhlener Wolfsgalgen ist aber doch wohl eher an einen richtigen Galgen
zu denken, denn die urkundlichen Angaben lassen darauf schließen, daß dieser
in der Nähe der Rheinfelder Straße gestanden hatte. Nach Christmann hat man
ja diese Wolfsgalgen gerade bei öffentlichen Straßen errichtet, und außerdem
wäre eine Fangvorrichtung an einer solchen Stelle nicht sehr sinnvoll gewesen.

Dieser Wyhlener Wolfsgalgen ist schon deshalb von besonderer volkskund-
iicher Bedeutung, weil es sich hierbei um die bisher früheste Erwähnung eines
solchen Galgens handelt. Der Wolfsgalgen bei Marburg, der bisher als ältester
galt, wird erstmals 1333 urkundlich genannt4), während der Wyhlener Wolfsgalgen
schon 1301 erwähnt ist.

Diese Wolfsgalgen scheinen in unserem Gebiet ziemlich verbreitet gewesen
zu sein, denn im Jahre 1539 wird auch an der Gemarkungsgrenze Bettingen —
Wyhlen ein solcher genannt5), und im Kanton Baselland sind ebenfalls zwei
davon nachgewiesen. (Muttenz 1458, Läufelfingen 1615) 8).

Übrigens hat auch der älteste überlieferte Werwolfprozeß nicht weit von hier
stattgefunden. Im Jahre 1423 wurde nämlich in der Gegend des Unteren Hauensteins
bei Ölten eine Frau als „Unholdin" verbrannt, weil sie auf einem Wolfe
reitend gesehen worden sein soll 7).

Der Wolf ist früher in unserem Gebiet sehr häufig vorgekommen, wie die
vielen Wolfs-Flurnamen beweisen. Auch in Wyhlen erinnern neben dem Wolfsgalgen
noch andere Flurbezeichnungen an dieses gefürchtete Raubtier, das besonders
für das Weidevieh eine große Gefahr darstellte. Zu diesem Schutze
hatte man deshalb im Wyhlener Feld zwischen dem Rittersträßlein und dem
„Niederholz" einen sogenannten „Wolfshag" errichtet, der schon 1478 erstmals
urkundlich belegt ist. In diesem Teil des Feldes, das damals noch zum großen
Teil mit Gebüschen bewachsen war, wird auch von 1756 bis 1841 ein „Wolfgang"
erwähnt, womit man den Wechsel eines Wolfes bezeichnete.

Die Erinnerung an dieses gefährliche Tier lebt auch noch in dem 1655 erstmals
genannten Flurnamen „Wolfrain" westlich vom Rührberger Sträßlein weiter, und

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