Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 189
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0011
In der Gemeinde Haagen waren im Jahre 1768 66 Bürger registriert, darunter
23 Vollbauern, 4 'Bauern-Handwerker', 2 'Nur-Handwerker'; weitere 13 Bürger hatten
zwar ein Handwerk erlernt, welches sie aber nicht ernähren konnte, weshalb sie zusammen
mit weiteren 18, völlig besitzlosen, meist jüngeren Bürgern, zur Verrichtung
von Taglöhnerdiensten gezwungen waren.8^

Vor allem aus diesen zuletzt genannten ärmeren ländlichen Schichten rekrutierten sich
später große Teile der Fabrikarbeiterschaft; und diese mehr und mehr verarmenden Bevölkerungsteile
hatten die aufgeklärten markgräflichen Behörden wohl in erster Linie im
Auge, wenn es ihnen bei der Gewerbeförderung und den damit verbundenen Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen
nicht zuletzt auch auf die »materielle und geistige Hebung
«9' ihrer Untertanen ankam.

An gewerblichen Anlagen existierten in Lörrach und Umgebung zu Beginn des 18.
Jahrhunderts lediglich einige Papiermühlen sowie eine alte Mahlmühle und ab 1718 eine
herrschaftliche Walke, die »Walkmühle, Preß- und Färberei-Offizin«10', welche allerdings
die in sie gesetzten Erw artungen auf längere Sicht nicht erfüllen konnte und etwa
dreißig Jahre später wieder einging.

Eine gewisse Bedeutung erlangten allerdings schon sehr viel früher die Papiermühlen,
die wohl ältesten Fabrikationsanlagen im Lörracher Raum. Ein Piemonter Einwanderer
soll bereits 1497 in Lörrach Papier verfertigt haben" , und in der Folgezeit kamen weitere
Mühlen hinzu, da Basel während der Reformationszeit zum Zentrum des Buchhandels
aufstieg und aufgrund der schnell steigenden Buchproduktion einen ungeheuren Bedarf
an Papier aufwies. Diese Fabriken trugen bereits bei ihrer Entstehung »die Farbe kapitalistischer
Unternehmungen«12', weil mit ihnen nach Dietsche »zum ersten Mal...die
Kapitalkraft eines unzünftigen Gewerbes in die ländliche Wirtschaftssphäre des vorderen
Tales eingedrungen (ist).« '

Nicht nennenswerte Zollsätze und fast gänzlich fehlende Zunftschranken sorgten vor
allem für gute wirtschaftliche Beziehungen zwischen Basel und der Markgrafschaft, welche
erst durch den Dreißigjährigen Krieg vorübergehend unterbrochen worden sind.
Neben diesem Produktionszweig gab es aber bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts keinerlei
Anzeichen für eine beginnende Industrialisierung. Auch änderte diese - vorübergehende
- Blüte in der Papierfabrikation nichts am fast ausschließlich agrarischen Charakter des
Lörracher Wirtschaftraumes, da auch die Hausindustrie, d.h. das Verspinnen und Verweben
im Auftrag von Verlegern oder direkt für eine Fabrik, trotz entsprechender Förderungsmaßnahmen
und Versuchen, im vorderen Wiesental bei weitem nicht die Bedeutung
erlangt hat wie im oberen Talabschnitt.

2. Die Voraussetzungen für den Beginn der Industrialisierung im Lörracher Raum
2.1 Der Einfluß der kapitalkräftigen Schweiz und die Nähe der Stadt Basel
2.1.1 Der schweizerische Vorsprung auf wirtschaftlichem Gebiet

Wichtige Impulse für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Lörracher Raumes
gingen also schon sehr früh von der Schweiz und hier hauptsächlich von Basel aus, wie
das Beispiel der Papierfabrikation zeigt. Auch in den folgenden Jahrhunderten sollten
die Schweizer Nähe und ganz besonders Schweizer Kapitalien einen erheblichen, ja entscheidenden
Einfluß auf die beginnende Industrialisierung ausüben. Was unterschied die
Schweiz nun in wirtschaftlicher Hinsicht von Baden, trugen doch beide Länder »Züge
eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes«14', und was versetzte die Schweiz in die Lage,
für Baden und damit auch für Lörrach derart wirksame Anstöße zu geben?

Nicht zuletzt aufgrund religiöser Faktoren, auf die später gesondert eingegangen werden
soll, war die Schweiz, neben England, seit dem 17. Jahrhundert das kapitalreichste
Land in Europa. Ein weiterer wichtiger Grund liegt wohl darin, daß sie beispielsweise im
Gegensatz zu Baden von Verwüstungen und Zerstörungen im Verlauf des Dreißigjähn-

189


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0011