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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 203
(PDF, 36 MB)
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nie gefehlt, weil sie sich durch den ihr eigenen Vorzug, daß ihre Tücher und Farben in
der Dauer wenig ihresgleichen finden, einen ausgebreiteten Ruhm und Bekanntschaft erworben
hat«. Die von einem »berner industriösen Bürger« gegründete Indienne-Fabrik
sei »nicht nur die wichtigste Manufactur in diesem Oberamt, sondern eine der ersten in
den gesamten badischen Landen«, heißt es weiter in dieser zeitgenössischen Darstellung.
»Bei mittlelmäßigem Betrieb beschäftigt sie 200 Menschen und in den Jahren 1783/84 hat
sie gegen 400 Personen Nahrung und Arbeit gegeben«.8'"

Die nächsten, ungleich schwereren Erschütterungen als in den Jahren 1787/88, trafen
den Lörracher Betrieb erst wieder im Zuge der politischen und wirtschaftlichen Folgeereignisse
der Französischen Revolution, und den Chronisten der Firmenfestschrift aus
dem Jahre 1952 wundert es nicht, »daß (ihre) Wellen auch bis in den badischen Schwarzwald
, bis ins Wiesental, bis ins Kontor Gmehns und an die Farbbottiche und Druckpressen
Nikolaus Jakob Küpfers schlugen«.841 Die Koalitionskriege brachten dem Lörracher
Raum und dem Druckereibetrieb verschiedene schwere, die positive Entwicklung hemmende
Belastungen. Es kam zu Plünderungen, Brandschatzungen und Verwüstungen;
der Betrieb der Indienne-Fabrik stand monatelang still, wobei er zwischenzeitlich immer
wieder Zwangseinquartierungen und Diebstähle in den Fabrikationsanlagen zu erdulden
hatte, für den Transport wichtige Pferde an das Militär abgeben mußte und auch
Zwangsarbeit für die Franzosen abzuleisten hatte. Hinzu kamen wirtschaftspolitische
Veränderungen wie vor allem Ausfuhrverbote für die Produkte nach Polen und Rußland
, Einfuhrverbote von Seiten der Niederlande und stark im Preis herabgesetzte englische
Produkte, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts - als die Kontinentalsperre noch nicht
bestand - den europäischen Markt überschwemmten.

Daneben fanden sich immer weniger Auftraggeber, die ihre Ware bei der Lörracher
Fabrik ablieferten, um sie dort färben und drucken zu lassen. Dies wirkte sich besonders
fatal aus, da man in dieser Zeit fast ausschließlich im Lohn arbeitete, d.h. auf Bestellung
bei gleichzeitiger Zurverfügungstellung der Rohware durch den Kunden.

Diese Faktoren - eine Reihe anderer wäre noch zu nennen - konnten hier in diesem
Rahmen nur ganz kurz skizziert werden. Entscheidend ist jedoch, daß das Unternehmen
Küpfer u. Gmelin im Oktober 1804 aufgrund der vielfältigen Probleme und Erschwernisse
zur Aufgabe gezwungen wurde, da ein erneut erbetenes Darlehen wegen eigener
großer finanzieller Schwierigkeiten der badischen Regierung nicht gewährt werden
konnte.

In dieser unsicheren Periode erwies es sich natürlich als sehr schwer, einen Käufer für
das Unternehmen zu finden, woran der badischen Regierung gelegen sein mußte, denn
sie war daran interessiert, »dieses für den Unterhalt so vieler armer Familien so wichtige
Etablissement zu erhalten, um dem Notstand der Armen, Gassenbettel und der Unsitt-
lichkeit möglichst und auf die minder kostspieligste Art vorzubeugen«.8s)

Der damalige Burgvogt Lenz schildert die Folgen der Stillegung für die Allgemeinheit
so: »Durch den Eingang dieser Fabrique kamen nicht nur einige 100 Menschen außer
Verdienst und Brot, wovon ein großer Teil enjezo bettelt, sondern es waren auch zum
sichtbaren Nachteil der sonst so nahrhaften Stadt Lörrach alljährlich 40.000 bis 60.000
Gulden weniger im Umlauf«.86'

In dieser Phase der Depression und des fast völligen Stillstandes der Fabriktätigkeit
herrschten also Not und großes Elend in der Bevölkerung Lörrachs und seiner Umgebung
. Die Nahrung bestand hauptsächlich aus Erdäpfeln, Käse und Milch, während
Brot sehr knapp und fast unerschwinglich war.87'

Eine Verbesserung der allgemeinen Lage erhoffte man sich vor allem von einer vollen
Wiederinbetriebnahme der Lörracher Indienne-Fabrik. Lange Zeit wollte sich jedoch
kein geeigneter Käufer finden, und die Badische Regierung sah sich schließlich gezwungen
, die Firma selbst zu übernehmen, um ihren völligen Zerfall zu verhindern. Für eine
Ubergangsphase befindet sie sich jetzt als 'Großherzoglich badische gnädigst privilegierte
Zitz- und Cattun-Fabrik' in den Händen des Staates.

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