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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 223
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0045
stens 6 Stunden/Tag und Schulentlassene höchstens 12 Stunden am Tag, wenn sie noch
keine 16 Jahre alt waren.180'

Die Fabrikschulen des Lörracher Raumes wurden bis 1881/82 nach und nach aufgelöst
, die Koechlinsche bereits mit dem Vertrag aus dem Jahre 1875.181'

Erwähnenswert ist noch, daß nach Abschluß der Volks- bzw. Fabrikschule für jugendliche
Arbeiter eine Fortbildungsschulpflicht bestand. Nach einer Akte vom 15.
April 1890 erhielten die davon betroffenen Jugendlichen jeweils Samstag abends von 4
bis 6 Uhr und Sonntag morgens von 7 bis 9 Uhr in der Fabrik Koechlins diesen Unterricht
. An anderer Stelle wird auch klar ausgesprochen, weshalb der Unterricht nicht an
anderen Tagen und zu anderen Zeiten abgehalten werden konnte, nämlich »wegen allzu
großer Störung des geordneten Fabrikbetriebes«.182'

5.4 Soziale Einrichtungen der Lörracher Stoffdruckerei im 19. Jahrhundert

Teils durch die Eigeninitiative der Arbeiter, in den meisten Fällen aber auf Veranlassung
der Firmenleitung entstanden im 19. Jahrhundert verschiedene soziale Institutionen
, bzw. »Wohlfahrtseinrichtungen« im Koechlinschen Unternehmen.183' Sie hatten
den Zweck, besonders große soziale Härten möglichst auszugleichen, aber auch wertvolle
Arbeitskräfte an den Betrieb zu binden. In diesen diversen sozialen Aktivitäten ist
wohl auch ein Grund dafür zu sehen, daß es praktisch nie Unruhen oder größere Proteste
von seiten der Arbeiterschaft gab.

Die älteste innerbetriebliche Institution auf sozialem Gebiet ist die »Löbliche Drucker
und Stecher Kranken Casse«, welche bereits im Mai 1814 auf die Initiative einiger Arbeiter
hin ins Leben gerufen wurde. Noch viele Jahrzehnte vor der gesetzlichen Krankenversicherung
ist sie sicher eine der ältesten ihrer Art in Deutschland. Die Mitglieder dieser
Kasse rekrutierten sich aus den Gruppen der Drucker und Modelstecher, jener sich
selbstbewußt als 'Kunstarbeiter' verstehenden Beschäftigten, die sich deutlich von anderen
Arbeitergruppen abhoben, welche zunächst ausgeschlossen blieben. Finanziert wurde
die Kasse durch Beiträge der Arbeiter sowie durch einen Unterstützungsfonds von
Seiten der Fabrikinhaber. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts kamen ähnliche Kassen auch
für die anderen Beschäftigten hinzu, welche alle im Jahre 1883 zur »Kranken- und Sterbekasse
für die Arbeiter der Fabrik Koechlin, Baumgartner & Cie. in Lörrach« zusammengefaßt
wurden. Die Arbeiter selbst hatten ein Drittel der Beiträge zu entrichten,
währen die Firma über ihren Anteil hinaus freiwillige Leistungen erbracht haben soll,
welche über den gesetzlichen Mindestbeträgen lagen.

Eine Unfallversicherung bestand seit 1880 und erbrachte für die Arbeiter Leistungen
bei Unfällen jeglicher Art.

Die Kleinkinderschule existierte seit 1868 in Neustetten mit 2 Schulsälen für je 80 Kinder
und unterstand der Aufsicht eines Komitees von Frauen der Chefs, Angestellten und
Meister. Es standen 2 Kinderschwestern zur Verfügung.

Im gleichen Ort wurde 1870 von Baumgartner ein Kinderspital mit Krippe errichtet, in
welchem kranke Kinder von Diakonissen gegen einen geringen Geldpreis, der allerdings
nur in seltenen Fällen erhoben worden sein soll, verpflegt worden sind. Auch die Arbeiterschaft
soll im städtischen Spital meist kostenlose Verpflegung erhalten haben. Diese
Leistungen gehen anscheinend auf ein Vermächtnis früherer Fabrikinhaber zurück.

Weiter gab es eine »Wöchnerinnen-Unterstützungskasse*, aus welcher jede, mindestens
ein Jahr in der Fabrik tätige Wöchnerin den Betrag von 20 M erhielt.

Eine von den Arbeitern freiwillig errichtete Institution ist die »Unterstützungskasse
auf Todesfall*, an welcher sich die Firma zu einem Drittel finanziell beteiligte. Die Witwe
eines Verstorbenen erhielt aus ihr die einmalige Hilfe von 200 M. Gegen Ende des 19.
Jahrhunderts wird ein Unterstützungsfonds (Pensionskasse)gegründer., welcher Fabrikarbeitern
nach mindestens 20jähriger Tätigkeit in der Regel den gleichen monatlichen
Betrag als Pension gewährt, den sie gleichzeitig als staatliche Rente beziehen.

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