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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 224
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0046
Der »Peter Koechlin'sche Unterstützungsfonds« über 100000 M gewährt Kranken
und besonders bedürftigen Arbeitern aus den gewonnenen Zinsen finanzielle Hilfe. Eine
weitere Unterstützungskasse (Summe 10000 Gulden) hat die Witwe Peter Koechlins bereits
1871 »für die hülfsbedürftigen Arbeiter und Arbeiterinnen der Fabrike von Koech-
lin, Baumgartner & Cie. dahier« ins Leben gerufen. Mit den Zinsen aus diesem Fonds
sollten vor allem diejenigen unterstützt werden, »welche wegen vorgerücktem Alter
oder körperlichen Gebrechen nicht haben aufgenommen werden können«.184)

Ein »Allgemeiner Arbeiterkonsumverein« erleichtert und verbilligt Einkäufe der Belegschaft
seit 1865. Die Arbeiter sollen aufgrund des Einkaufs im 'Konsum' innerhalb
von 14 Jahren insgesamt 80000 M eingespart haben.

Ende des 19. Jahrhunderts gab es für betuchtere Arbeitnehmer des Betriebes sogar die
Möglichkeit der gewinnbringenden Geldanlage. Ein Stechermeister hatte beispielsweise
40000 M in die Firma eingebracht, welche jährlich mit 4% verzinst wurden.185'

Die ersten Arbeiterhäuser entstehen 1857, im Jahre 1903 gibt es davon 248.186) Initiator
der in Lörrach und Stetten entstehenden Siedlungen ist der Direktor Imbach, welcher die
Bauplätze erstand und an die Arbeiter weiterverkaufte. Die Häuser wurden zum Selbstkostenpreis
errichtet und von den Arbeitern in Raten von durchschnittlich 200 Mark/
Jahr abbezahlt. Sie kosteten anfangs ca. 1100-1200 Mark. Ihr Preis stieg bis zum Jahre
1903 auf 2785-2985 Mark an. Die Wohnungsfürsorge habe sich »glänzend« bewährt,
schreibt der Chronist 1903, denn es sei nie zu einer zwangsweisen Versteigerung gekommen
und auch nie nötig gewesen, einen Besitzer wegen Nichteinhaltung des Vertrages zu
verklagen. In den Besitz dieser Häuser scheinen aber zunächst nur privilegierte Arbeitnehmer
gekommen sein.

Dietsche z.B. vermutet, daß diese Häuser von der Firma vor allem zur Sicherung und
festeren Anbindung eines besonders qualifizierten Arbeiterstammes errichtet wurden.
i87,i87a) ^n weiteren Einrichtungen wären darüber hinaus zu nennen ein Mädchenheim,
eine Volksküche, eine Feuerwehr und natürlich die bereits im vorhergehenden Kapitel
behandelte Fabrikschule.

Diese Auflistung dokumentiert, daß auf den verschiedensten Gebieten viel für die Beschäftigten
getan worden ist. Allerdings kann von sozialem Engagement seitens der Firmenleitung
erst für die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gesprochen werden, wobei die
eben skizzierten Aktivitäten sicher nicht nur einem gewachsenen humanitären Bewußtsein
der Unternehmer zuzuschreiben sind.

In der Öffentlichkeit - beispielsweise in der Karlsruher Zeitung vom 1. 10. 1840 -
wird schon relativ früh eindringlich vor der Bedrohung durch das »Gespenst des Kommunismus
« gewarnt, falls es nicht gelänge, den Nationalwohlstand zu heben.188- Und
schon der badische Landtagsabgeordnete Büß sah in seiner vielzitierten sozialpolitischen
Rede vom 25. 4. 1837, der ersten überhaupt in einem deutschen Parlament18^, die negativen
Auswirkungen der fortschreitenden Industrialisierung und »legte seinen Finger auf
alle Wunden des frühen Industrialismus«.19C Auch er warnt vor der Massenarmut, vor
dem Absinken eines großen Teils der Bevölkerung in den Päuperismus, eines ständigen
Krankheitsherdes in der Gesellschaft, der eine »furchtbare, stets bereite Waffe« des Umsturzes
darstelle. Aufgabe jener Sozialpolitik sei es - so Büß -, diesen Umsturz zu verhindern
. Dies könne beispielsweise geschehen durch die Gründung von Hilfskassen,
Sparkassen, sowie durch geregelte Arbeitszeiten und Kündigungsfristen etc. Solche und
diverse ähnliche Appelle von anderer Seite wurden zumindest ansatzweise schon berücksichtigt
in der Fabrikordnung der Wiesentäler Fabrikanten (1837) und haben sicher
auch zu einem guten Teil die Entstehung sozialer, betriebsinterner Institutionen, wie die
oben genannten, gefördert.

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