Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 232
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0054
verkauft. Die übrigen werden zu Kirschenwasser angewendet, und dieses Produkt wird
im Dorf nach der Schweiz und nach dem Elsaß verkauft. Der gröste Vortheil der Bürger
ist, daß sie, wie sie sagen, alles in den Pantoffeln zu Geld machen können. Einige Bürger
verkaufen Kirschenwasser oft für 300 Pfund in einem Jahr. Das Pfund, wornach man
hier rechnet, hat 16 Groschen oder 48 Kr.4i. Ferner wächst im Gebiet des Orts Crenzach
sehr viel und sehr gutes Kern- und SteinObst, Renaiten3', Borsdorfer Aepfel etc. die
ebenfalls in Basel mit grossem Vortheil versilbert werden können. Aus den Waldungen
erhält jeder Bürger alle Jahr sein nöthiges Holz, an Eichen und Buchen. Weil aber die
Waldungen sehr hoch und steil sind, so müssen sie dazu den Winter erwarten, und
schleifen es hernach im Schnee auf den glatten Wegen ohne Mühe herab. Eben so, wie sie
sich gefallen lassen müssen allen Dünger in die Reben auf dem Rücken hinauf und alle
Trauben im Herbst auf dem Rücken herab zu tragen. Das Salz müssen die Unterthanen
im Oberamtsstädtchen Lörrach nehmen. In den Stoppelfeldern wachsen noch viele
schöne weisse Rüben, die oft so groß werden, wie Menschenkopf und zum Kochen und
zur Mästung der Ochsen angewendet werden. Sie erhalten sich in den Löchern auch dem
Felde bis in den Hornung. Ueber den Schaden des Gewilds klagt der Bauer nicht. Einige
Familien in Basel haben die Jagd und tchießen es weg. Schweine und Schaafe werden nur
zur Nothdurft gehalten. Zuweilen hat man in den Wäldern einen Ueberfluß von Eicheln
und Bucheckern. Man hält Ziegen, sie sind aber sehr theuer, weil die Jungen nach Basel
getragen werden.

Eben so haben die Bauern viele Tauben und Federv ieh, wegen des bequemen und sichern
Verkaufs in Basel. Im Rhein fängt man Karpfen, Aeschen, Aele, Rüffolken7', Hechte,
Barben, Salmen, und alle diese kostbare Fische werden von den Baslern, die gerne etwas
gutes und viel essen, theuer bezahlt. Pferde werden im Ort keine gehalten, als einmal von
den Zieglern, die sie zum Holen ihrer Materialien am Baseler Bannstein und zur Verführung
ihrer Waaren gebrauchen, und hernach von dem Pächter der Gypsgruben. Denn
hier liegt sehr viel Gyps, der auf die Felder gebraucht werden kann; und bis nach Freiburg
verführt wird. Erstaunend hohe, lange und starke Ochsen haben sie hier, und lassen
sie im Kummet schaffen. Wegen des kostbaren Futters kann Ein Paar Ochsen hier 20 bis
24 Louisd'or81 gelten. Weil die Strasse hier sehr stark gebraucht wird, so haben die Bek-
ker und Metzger hier auch immer starken Absatz. Weber sind auch viele hier, sie machen
aber doch keine gebildete Arbeit. Sonderbar ist es, daß in Basel auch keine geschickte
Weber sind. Die Bürger in der Stadt lassen selbst im Marggräfl. Land und in der Schweiz
arbeiten. Die übrigen Handwerker, Schumacher, Schneider, auch Schlosser arbeiten
meistens nach Basel. Sonst ist hier ein Zusammenfluß von allerlei Leuten aus Annaberg,
Dessau, Brandenburg, Pommern, Kassel etc. Weil hier freies Religionsexercitium ist, so
sind auch Indifferentsten9' und Separatisten aus Grundsätzen hier. Man findet ferner
fast alle Arten von Professonistenl0) in Crenzach, z. E. Bandfabrikanten, Knopfmacher,
Seidenarbeiter, die Damast, Kleiderzeuche, Schnupftücher, Halstücher etc. machen.
Auch Batist wird hier verfertigt. Ich habe eine große Mustercharte von Seidenzeugen gesehen
, die alle im Ort gemacht werden, und viel wohlfeiler, als in Basel verkauft werden.
Einige sind für sich Meister andere schaffen für grosse Meister in der Stadt. Wer auch in
Basel nicht mehr sicher ist, läuft nach Crenzach und setzt sich da fest. Die Einwohner
von Crenzach werden auch wie Verbürgerte in der Stadt angesehen. Sie laufen auch oft
mit ihren Waaren verbotene Wege und in der Stadt nimmt man ihnen keinen Zoll ab.
Durch das ganze Jahr verdienen auch die Crenzacher Geld in der Stadt, in den Reben, auf
den Wiesen mit Heumachen, in den Fabriken, auf den Bleichen etc. Sogar kleine Kinder
verdienen viel Geld in der Stadt. Am Sonntag kommen immer gar viele und vielerlei Leute
aus der Stadt nach diesem Ort, besuchen den Gottesdienst, gehen zur Kommunion,
lassen sich hier kopulirenU), schicken Kinder zum Taufen, und verzehren ihr Geld da.
Die Pfarrei hat ihren Nutzen von dieser Nachbarschaft. Man kann sicher rechnen, daß
fast an jedem Sonntag Morgen ein Saum Milch beim Kaffee in Crenzach getrunken wird.
Die Stadt kann das Dorf nicht entbehren, und das Dorf hebt sich durch die Stadt.

232


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0054