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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 324
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0146
sen«.- Doch da man mit keinem Mystizismus, nicht mit Magie, Astrologie oder Alche-
mie den Naturkatastrophen und Krankheiten dennoch nicht beikommen konnte, entwickelte
sich in dieser Atmosphäre von Angst vor Hölle und Weltuntergang in bald unvorstellbarem
Maße die Erbarmungslosigkeit des Hexenwahns; eine neue »Wissenschaft
« war entstanden.

*

Der Hexenhammer

Hinzu kam als zufällige furchtbare Konstellation die Begegnung dreier Menschen:
Nach des grausamen Großinquisitors Konrad von Marburgs Feme-Tod - er wurde 1233
erschlagen —, gab es in Deutschland kaum noch Ketzerverfolgungen. Erst wieder im
fünfzehnten Jahrhundert hatten zwei deutsche Dominikaner, Heinrich Krämer (Instito-
ris) und Jakob Sprenger, ein »heftiges Bedürfnis«, den Satan zu bekämpfen. Da man weder
diesem ihrem Bedürfnis noch ihnen selbst große Beachtung zollte, reisten sie nach
Rom, wo sie sich bei dem Heiligen Vater darüber beklagten, daß entlang des Rheines
Ketzerei und Hexerei besonders im Schwange sei. Viele Päpste hätten sich von diesen
Wahnvorstellungen der beiden Dominikaner distanziert; gerade Innozenz VIII. aber
schenkte ihnen Glauben und erließ im Jahre 1484 eine folgenschwere Bulle, worin er sich
»mit großer Betrübnis« von den angeblichen Vorgängen beunruhigt zeigte...- Nun
konnten die beiden Inquisitoren handeln: Sie stellten ein dreibändiges Werk zusammen,
darin sie ein abenteuerliches System des Hexenwesens entwickelten, indem sie Phantasien
an Phantasien reihten zu einem, wie ein Historiker es bezeichnet hat, »Monstrum
voll geistiger Sumpfluft«, und sie nannten es mit perfidem Gefühl für bildhafte Sprache:
Malleus maleficarum-Ylexenhammer. Es ist 1487 erschienen. Während die ersten beiden
Teile abstruse Theorien über Hexentaten und ihre Wirkungen enthalten, beschäftigt sich
der dritte, Kriminal-Kodex genannte, Teil mit den Strafen und ist überschrieben »Über
die Arten der Ausrottung oder wenigstens Bestrafung durch die gebührende Gerechtigkeit
vor dem geistlichen oder weltlichen Gericht.«

Dieses Machwerk, das, wie der gleiche Historiker bemerkt, »beim Lesen immer wieder
den Grimm und die äusserste Erbitterung über die Väter dieser eklen Ausgeburt religiösen
Wahns wachruft«, mußte in Zukunft den Geistlichen als Handwerkszeug dienen,
nicht nur in Hexenprozessen sondern auch als Beweise in Disputen mit Gegnern der
Verfolgung.

*

Die Bulle gegen die Hexerei wurde von Kaiser Maximilian I. anerkannt, der seine
Reichsangehörigen aufforderte, die Hexenrichter zu unterstützen. Zu seinen Gebieten
gehörte auch die Landschaft am Oberrhein. Und so begann der Wahn, der fast ganz Europa
ergriffen hatte, im fünfzehnten Jahrhundert auch in unserm Landstrich und hielt
nahezu drei Jahrhunderte an. Zu gleicher Zeit, da auf unseren Burgen die Folterkammern
ausgestattet und Torturen erfunden wurden, wie sie uns kaum vorstellbar erscheinen
; wo die Scheiterhaufen in nie gekanntem Ausmaß brannten, entstanden in Italien
und Deutschland die Werke der großen europäischen Kunst etwa von Leonardo da Vinci
, Michelangelo, Cellini; von Riemenschneider, Dürer, Hans Baidung Grien. Es
forschten Kopernikus, Brahe, Kepler; Columbus brach nach Amerika auf.

Die von Karl V. im Jahre 1532 geschaffene Halsgerichtsordnung, die Karolina, unterstellte
die Hexenprozesse der weltlichen Gerichtsbarkeit, ohne übrigens die Wahnvor-

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