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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 329
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0151
Der Verlauf eines Hexenprozesses

So ein Verlauf kann hier nur angedeutet werden, - wobei auch auf die Darstellung von
Foltermethoden verzichtet werden soll: Zunächst war die Inquisition zuständig; weil
aber durch die Hexerei Schaden verursacht wurde an Menschen und an ihrem Eigentum,
mußte der Fall weitergegeben werden an die weltliche Gerichtsbarkeit; das war ein »Teufels
-Kreis«, der sich immer schloß. Kamen wandernde, oft heimatlose, Inquisitoren, -
mit päpstlicher Legitimation ausgestattete Geistliche, oder auch »Hexensuch-Kommis-
sionen«, in einen Ort, in dem sie »tätig« sein wollten, begaben sie sich in die Pfarrhäuser
und forderten durch Anschläge die Bevölkerung unter Androhung von Kirchenbann
und weltlichen Strafen auf, binnen zwölf Tagen ihnen - aus welchem Grund auch immer
verdächtig erscheinende - Personen anzuzeigen. So war es im »Hexenhammer« empfohlen
worden, und dort gab es auch genügend Vorlagen und Anregungen, wie von der
Kanzel aus redselig die »Erschrecklichkeit des Hexenwerkes« ausgemalt werden sollte.
Es war also nicht verwunderlich, daß es in solcher Atmosphäre geschürter Angst und
Unsicherheit an Denunzianten nicht fehlte, waren sie nun gutgläubig, verängstigt oder
böswillig auf einen persönlichen Vorteil aus. (Es wird in der Literatur immer wieder darauf
hingewiesen, daß man sich auf diese Weise etwa Konkurrenten, aber auch ungeliebter
Ehepartner entledigen konnte...) Dennoch: wurde einmal so ein Prozeß in Gang gebracht
, war eigentlich niemand sicher vor den Kettenreaktionen. Bei Franz Volk findet
sich ein eindruckvolles Beispiel: »Stettmeister Philipp Beck erbat sich in der Ratsversammlung
, das Holz zum Hexenbrennen zu geben. Am 29. August 1629 legte man seine
eigene Frau auf so einen Scheiterhaufen.«

War jemand auf eine Anzeige hin verdächtigt worden, beschieden die weltlichen Gerichte
die Schöffen zu sich. Es muß kaum noch erwähnt werden, daß alles, aber auch alles
verdächtig war, wenn das Gericht es so wollte: alt oder jung zu sein, Glück oder Pech zu
haben im Leben, schön oder häßlich zu sein, vielleicht eine Warze zu haben, links herum
zu tanzen, gern im Wald spazieren zu gehen - kurz, es gab nichts* was einen Menschen
nicht vor ein Hexengericht bringen konnte! Das Fazit der Historiker: »Jahrhundertelang
mußte jede Frau in allen Augenblicken ihres Lebens gewärtig sein, von den Knechten eines
Hexengerichts festgenommen zu werden. Allein schon der Anblick der Häscher ließ
ihr vor Entsetzen das Blut in den Adern gerinnen, denn sobald diese Männer einmal
Hand an sie gelegt hatten, war ihr Leben verwirkt, galt ihre Ehre, ihre Gesundheit, ihre
menschliche Würde nichts mehr... Wir haben uns die Angst der Mutter zu malen, wie sie
sich einbildet, daß es in der Macht einer von ihr beleidigten Person stände, in einem Augenblick
jeden Gegenstand ihrer Liebe zu vernichten. Wir haben vor allem den schauerlichen
Schatten zu bemerken, den die Furcht vor einer Anklage auf die geschwächten
Kräfte des Alters geworfen, die Bitterkeit, mit welcher sich in den Verließen Verlassenheit
und Einsamkeit verstärkt haben muß.«

Der Ablauf eines Prozesses gliederte sich in zwei Abschnitte: Nach einer Verhaftung
erfolgten die Verhöre mit peinlicher (körperlich schmerzhafter) Befragung. Vorher wurden
die Frauen entkleidet und auf vielfältige Weise gedemütigt - das Schamgefühl war bei
Geistlichen, Richtern und Henkern abgestorben. Lag ein für die Gerichtsherren »akzeptables
« Geständnis vor, begann der zweite Abschnitt: Er diente den Nachforschungen
über die auf der Folter »ermittelten« Mitschuldigen. Die Angeklagten konnten sich einen
Anwalt nehmen, doch waren diese Anwälte selbst höchst gefährdet; durften sie sich
doch dem Verdacht nicht aussetzen, die geständigen »Unholdinnen« den Armen der Ge-

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