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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 360
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0182
zer Holzklotz, Scheitchen; kl. Holzpflock zum Spielen; Hohlkreisel; stachlige Kastanienhülle
; kleines, unscheinbares Kind; Knauser, Knicker; Kuh mit verstümmelten oder
abwärts gekrümmten Hörnern; Krankheit der Ziegen zwischen den Klauen; Unpäßlichkeit
, Unwohlsein; unerwartete Schwierigkeit, Hindernis'9'. Ubereinstimmende Eigenschaft
all dieser Bedeutungen ist das Behinderte bzw. nicht voll Ausgewachsene. Dies
tritt noch deutlicher hervor bei einigen Zusammensetzungen, nämlich Forchniggeli 'Kieferzäpfchen
', Grüen- 'kränkliches, kleines Kind', Holz- 'Fruchtzäpfchen von Tanne und
Kiefer, Buchnüßchen, die kleinsten Früchte am Birnbaum', Chriese- 'noch unentwik-
kelte Kirschenfrucht' und Pumperniggel(i), neben anderem 'Pimpernüßchen, Frucht-
knötchen der Linde, winziges Persönchen' K Die Bearbeiter des Schweizerdeutschen
Wörterbuchs meinten zwar, Niggel und damit auch Scbor(r)(e)-Niggel(i) und die übrigen
genannten Zusammensetzungen mit Rücksicht auf »die offenbare Stammverwandtschaft
mit der Sippe nägg-« von der Kurzform des Namens Nikolaus trennen zu sollen,
doch ist das für mich die einleuchtendste Anknüpfung, die sich durch eine analoge Sachlage
im Wort Narr,-en noch stützen läßt.

Doch möchte ich zuvor noch weitere Belege für Schornig(g)el(i) aus dem Arbeitsbereich
und -material des Badischen Wörterbuchs bringen: Scbornickel 'unreifes Obst'

1894 Baar, 'unreife Zwetschge(n)' Prechtal; Schornickele 'unreife Kirsche(n)' 1895 Har-
polingen u. Birndorf im Hotzenwald jSc^or- undSchgrniggili 'unreife Steinobstfrüchte',
auch 'Kirschen die vor der Zeit rot werden und abfallen' mehrfach zwischen 1895 und
1921 Schwerzen; Schornickeli 'unreife Beeren' (»sonst auch Zwetschgen, Äpfel u.a.«)

1895 Oberwihl; Schöreniggeli 'unreife Kirschen' 19. Jh. und später Wettelbrunn; Schö-
renigeli 'dass'. 1946 Schliengen; Schornickele PI. 'Gallen der Früchte von Pflaumenarten'
um 1915 Klettgau.

Nachdem sich unter allen südbadischen Belegen nur einer mit langem i, nämlich das
anfangs genannte scbörnigeli findet, scheint mir, wenn man das Wort nicht auf lat. sani-
cula zurückführen will, nur eine Anknüpf ung an Nickel, nicht aber an das vielleicht noch
naheliegende (n)igel = Igel möglich. Damit entfällt aber auch die Anknüpfung an das seltene
, ausgestorbene Wort Schorn 'Erdscholle'11 , welche Ernst Ochs, der erste und langjährige
Bearbeiter des Badischen Wörterbuchs beim Vorsortieren dieser Belege erwogen
hat. Ich denke für das erste Glied der Zusammensetzung eher an Schor(e), das mit Schar
und scheren zusammenhängt, auf ein ahd. ::" scora f. bzw. ~'rscoro m. zurückgehen müßte
und in den westoberdeutschen Mundarten in den Bedeutungen 'Schaden, länglicher
Haufen', z. B. von gemähtem Gras, Heu oder Getreide, dann 'Reihe' überhaupt, auch
'Schnitt des Klees oder Grases', 'Schnitt, Schur' ganz allgemein verbreitet ist UK So
könnte man dann die Bedeutung von Schornigeli ungefähr mit 'etwas (bei der Ernte)
nicht recht Ausgewachsenes, Zurückgebliebenes' umschreiben, wobei auch der Charakter
des Gestutzt-, Beschnitten-Aussehenden im Hinblick auf scheren, Schur mit anklänge.
Schließlich geben die aus dem Elsaß vorliegenden Belege auch noch weitere Evidenz für
dieses Nebeneinander und die vorgeschlagene Deutung: Schorenickel(e) und 'mickel(e)
nennt man dort 1. ein Kind, dem man die Haare kurz geschoren hat und 2. unreife grüne
Kirschen13).

Es soll allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß sich nach dem Zeugnis von Heinrich
Marzells Pflanzennamen-Wörterbuch für die Pflanze Sanikel neben vielen Sani(c)kel-
sowie Soni(c)kel-, Suni(c)kel- Zani(c)kel- usw. Formen auch eine Reihe von Formen mit
eingeschobenem -r- aus den verschiedensten deutschen Mundarten finden, darunter
Sar-, Schar-, Zar-, Zor- und auch Schorni(c)kel (in einem Luzerner Beleg)14'. Interessant
und für eine - allerdings nicht eindeutig festlegbare - gegenseitige Beeinflussung sprechend
ist dabei ein Beleg Schaniklaswurz aus Kais in Osttirol, der doch sehr offensichtlich
auf den Namen Nikolaus verweist15^.

Und nun zu den Narren: In der Tat sind sich - wie Vortisch richtig feststellt - die Wörterbücher
, auch die neueren, darin einig, daß die etymologische Herkunft des Wortes
Narr dunkel ist und daß noch nicht endgültig geklärt ist, ob das schon im Althochdeut-

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