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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 24
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richtet werden und hier auf ihren Ort, an den sie im Rahmen ihres zeithistorischen Beziehungsfeldes
eingeordnet werden kann: Auf der einen Seite hat die badische Verfassung
mit mutigen Schritten Neuland betreten, auf der anderen Seite kann sie ihre verfassungsgeschichtliche
Rückbindung an die Weimarer Zeit nicht verleugnen - wie es ja
überhaupt kein Neues gibt, das seine Vorbereitungen und seine Vorbedingungen nicht
auch im Früheren hat. Theodor Maunz hat diesen historischen Ort treffend folgendermaßen
beschrieben: »Entwicklungsgeschichtlich und gedanklich stand sie zwischen dem
Werk von Weimar und den tastenden Versuchen einer Aufbruchssituation, aus der eine
bessere staatliche Zukunft erstehen sollte. Sie war der Weimarer Vergangenheit verpflichtet
, aber der Zukunft zugewandt«129. Mit diesen Worten ist auch jene grundlegende
, trotz - oder sollte es heißen: gerade wegen? - aller noch so bitteren Zeitumstände
dennoch erwartungsvolle Stimmung angesprochen, welche ja für die unmittelbare
Nachkriegszeit auch charakteristisch ist. Aus den Beratungen der Landesversammlung
selbst war sie herauszuspüren. Was nun die Kennzeichen dieser Aufbruchssituation
sind, soll in den nachfolgenden Punkten der Arbeit behandelt werden.

3.2.1 Die Kennzeichen der Aufbruchssituation

Der unmittelbare Eindruck der aus Krieg und Selbstzerfleischung erwachsenen Not,
die gerade durchlebten Schreckenserfahrungen der nazistischen Unrechtsregierung, die
Blutopfer der Konzentrationslager wie überhaupt das grausame Blutregiment sind in
den Beratungen der Landesversammlung immer wieder dann zur lebendigen Wirklichkeit
erstanden, wenn es galt, die Pervertierungen menschlichen Denkens und Handelns
und die bewußte Übertretung grundlegender Menschtumswerte in der Vergangenheit
den Hoffnungen einer neuen, besseren und gerechteren Zukunft gegenüberzustellen.
Vor allem die zwischen dem 10. und 16. April 1947 geführten großen Generaldebatten
sind auf die Vielfalt der für diese fatale Entwicklung verantwortlichen Gründe einerseits
und auf die daraus resultierenden Konsequenzen andererseits eingegangen.

Für das Scheitern der Weimarer Republik und für den Sieg des Nationalsozialismus
sind zahlreiche Gründe verantwortlich gemacht worden, über die zwischen den Parteien
Einigkeit bestand; z. B. wurde auf die Konstruktionsfehler der Verfassung hingewiesen;
es wurde gesagt, daß die Verfassung zu freiheitlich ausgerichtet war, als daß sie mit dem
entsprechenden Maß an demokratischem Bewußtsein hätte ausgefüllt werden können;
es wurden die Schmähungen und Verleumdungen erwähnt, welchen die führenden Männer
der Weimarer Zeit ausgesetzt waren; es wurde auf die Schuld der Siegermächte des
Ersten Weltkriegs hingewiesen, dann auf das verhängnisvolle Weiterbestehen kaiserzeitlicher
Tradition in Heer, Justiz und Verwaltung und schließlich auf die Entartung des
politischen Lebens aufgrund der Parteienkämpfe gerade in der Endphase der Weimarer
Republik. In diesem letzten Punkt waren sich die einzelnen Parteien der Landesversammlung
nicht mehr einig: so wurden etwa von Seiten der Sozialdemokraten Schuldvorwürfe
gegenüber der BCSV laut z. B. wegen des Verhaltens des Zentrums bei der Abstimmung
zum »Ermächtigungsgesetz«, oder es wurden Vorwürfe an die Adresse der
KP gerichtet bezüglich der mit höchster Brutalität geführten Straßenkämpfe der Jahre
1931/32. Als einer der entscheidendsten Gründe für das Scheitern sowohl des Weimarer
Staates als auch - weil in dieser Sicht damit untrennbar verbunden - der nationalsozialistischen
Herrschaft wurde, wie es oben schon deutlich wurde, von sozialdemokratischer
Seite, am stärksten von kommunistischer Seite, das kapitalistische Wirtschaftssystem
verantwortlich gemacht. Hierzu sagte z. B. Erwin Ecken sehr drastisch: »Der brutale
Versuch der feudalistisch-militaristischen Kaste und der bürgerlich-kapitalistischen
Schicht, das Volk durch die Nazidiktatur unter Ausschaltung jeder Freiheit und Mitbestimmung
, durch blutigen Terror und Verbrechen zu einem Machtinstrument, dem man
heuchlerisch den Namen 'Volksgemeinschaft' gab, zusammenzuschweißen, um das zum

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