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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 29
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re des politischen Machtkampfes« herunterziehe. Gerade nach den Erfahrungen, die
man mit der Anrufung Gottes durch Hitler gemacht hat, sei Vorsicht angebracht, damit
nicht »die religiösen Gefühle und Empfindungen dafür angerufen werden sollen, besonderes
Vertrauen zur Politik und zu den Absichten einer bestimmten Partei zu haben«131.
Vielmehr habe man sich auf die konkrete menschliche Aufgabe zu beschränken; dies solle
auch in der Präambel zum Ausdruck kommen; deshalb solle man bewußt eine religiöse
Beziehung aus der Präambel herauslassen132.

Eine unvoreingenommene Betrachtung dieser Argumentation muß zu dem Ergebnis
kommen, daß hier Sachverhalte richtig beschrieben worden sind, wenn z. B. gesagt worden
ist, »der Name Gottes« sei »schon so oft in Präambeln und pathetischen Schlußsätzen
von Verträgen, Erklärungen, Aufrufen und Verfassungen mißbraucht worden«133.
Ob es allerdings, wie Erwin Eckert sagte, »ein absurder Gedanke« war, »Gott, den
Schöpfer und Herrn der Welten, gewissermaßen zum Schutzherrn für dieses Kompromißwerk
einer Verfassung für das kleine südbadische Land mit allen ihren Unzulänglichkeiten
und Irrtümern anzurufen«, ist eine andere Frage und muß hier-eben weil dies
dann auch tatsächlich der Fall gewesen ist - ausführlicher begründet werden. Auf die
Ausführungen Erwin Eckerts hat Wilhelm Werrlein (BCSV) geantwortet, daß es ja gerade
die menschlichen Unzulänglichkeiten und Fehler sind, welche es notwendig machen,
den Namen Gottes anzuruf en, und daß es gelte, die Tatsache der menschlichen Unvoll-
kommenheit anzunehmen, um sie in Geduld, mit Hoffnung und im Blick auf Vervollkommnung
und Vollkommenheit zu tragen. Wilhelm Werrlein sagte wörtlich: »Wir als
Anhänger der Lehre Christi sind bestrebt, alle unsere Handlungen in Einklang zum Willen
Gottes zu bringen. Wenn uns dies nicht immer und nie in vollem Umfang gelingt,
dann ist davon die menschliche Unvollkommenheit die Ursache...«134. Und er fuhr fort,
daß »in allen entscheidenden Lebenslagen Gottes Beistand« angerufen wird, und daß es
im Bewußtsein und in der Erwartung der erfolgten Hilfszusage gerechtfertigt ist, in die
Präambel »das Vertrauen auf Gott« aufzunehmen: »Täglich wird die Arbeit begonnen
mit dem Anruf Gottes und abends wird sie geschlossen mit der Ehre Gottes. Wenn wir
nun bei diesem Werk der Verfassung, das für uns auf Jahrzehnte hinaus die Geschichte
des Volkes leiten und lenken soll, wenn wir bei dieser Gelegenheit das Vertrauen auf
Gott und seine Hilfe aussprechen, daß wir dessen Hilfe erwarten, so entspricht dies der
Erwartung und dem Auftrag unserer Wähler und damit des größten Teils des badischen
Volkes...«135.

Zum zweiten sei, so sagte Erwin Eckert, als er die vorgeschlagene Fassung der Präambel
kritisierte, die Aufnahme dieser Formel »ein eindeutiger Verstoß« gegen die in der
Verfassung gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit. Diesem Argument, das
auch von demokratischer Seite glaubwürdig entkräftet wurde, begegnete Wilhelm Werrlein
mit einem Hinweis auf die von den Nationalsozialisten in Tirol geübte Praxis136.
Dort seien in einem Volk, »das am christlichen Glauben hängt«, von den Nationalsozialisten
die Wegkreuze kurzer Hand mit der Begründung und unter Hinweis auf jene wenigen
Menschen entfernt worden, die diese Kreuze nicht haben sehen wollen. Des weiteren
sei es auch nicht zu verstehen, so fuhr Wilhelm W'errlein fort, nachdem er auf dieses
bezeichnende Beispiel nationalsozialistischer Unrechtspraxis hingewiesen hatte, »daß
diese Berufung auf Gott irgendwie eine Sache ist, die die anderen irgendwie beleidigen
oder in ihrer Anschauung angreifen kann«1,7. Es sei geradezu eigenartig, »daß gerade
von der atheistischen Seite aus die Ehre Gottes dadurch geschützt werden soll, daß diese
behaupten oder verlangen, daß der Name Gottes aus der Verfassung herauskommt.« Er
fühle sich in diesem Zusammenhang doch sehr an die Fabel vom Wolf und dem Lamm
erinnert. Besonders dieses letzte Argument hat auf kommunistischer Seite eine heftige
Reaktion erregter Unruhe hervorgerufen.

Was die Vorstellungen der SP zur Präambel anging, so lassen sie sich wie folgt umschreiben
: Da heute der Staat kein christlicher Staat, sondern ein weltlicher Staat sei, sei
es ein Mißbrauch, »den Begriff Gott in die Verf assungspräambel aufzunehmen« . Jeder

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