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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 122
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0124
Erst der Augsburger Religionsfriede von 1555 hat eine, wenn auch recht unschöne,
staatsrechtliche Lösung im Konflikt der Konfessionen gebracht. Es war ein uns Heutigen
recht häßlich erscheinender Kompromiß, dieses Recht der Fürsten zu bestimmen,
welches die Religion ihres Landes sein solle, das mit dem Schlagwon »cuius regio, ejus
religio« die deutsche Geschichte lange Zeit beherrscht hat. Aber nur über diesen Umweg
war es offenbar möglich, auch zur individuellen Glaubensfreiheit und zur Toleranz zu
gelangen.

Mit der Einführung der Reformation kamen nun viele lutherische Prediger ins Land,
soweit nicht die bisherigen Geistlichen von sich aus mit ihren Gemeinden die Reformation
annahmen. Frei werdende Pfarrstellen wurden nun in den oberen Herrschaften von
Baden-Durlach vielfach mit Geistlichen schweizerischer Herkunft besetzt. Verlangt
wurde allgemein ein mindestens zweijähriges Studium, das zunächst mit Vorliebe in Basel
absolviert wurde, zumal der Markgraf dort für 6 Studienplätze Stipendien gab. Es kamen
aber auch viele Pfarrer und Lateinlehrer auf unsere Lateinschulen, die wegen ihres
Glaubens andere deutsche Länder und Herrschaften verlassen mußten. Sie kamen aus
Bayern, Kärnten, Steiermark und anderen österreichischen Ländern, und Hugenotten,
die über Montbeliard geflüchtet waren. Es folgten - mit der Gegenreformation - Jahrzehnte
unaufhörlicher Unruhe, wiederum mit dem Verlust zehntausender Existenzen
und der Wanderung dieser Familien auf der Suche nach einer neuen Heimat. Das hat freilich
auch, wie alles, eine Kehrseite gehabt, der man auch etwas Freundliches abgewinnen
kann: Das Ergebnis hat sicher eine Weitung der Horizonte mit sich gebracht.

A) Die Pfarrer und Praeceptoren von Rötteln

Für das Bildungswesen der Umgebung des alten Markgrafensitzes und Verwaltungszentrums
Rötteln ist bis zur Zerstörung von Burg und Weiler Rötteln natürlich von Bedeutung
gewesen, wer dort als Pfarrer und Lehrer tätig war. Der Einfluß, der von dort
ausging, wirkte vor allem auf den Ort Lörrach ein, den größten Ort im Vorderen Wiesental
und direkt am Wege nach Basel, wohin die Verwaltung in Kriegszeiten ausweichen
mußte, zumal sich der markgräfliche Hof aus dem gleichen Grunde ebenfalls über
längere Zeiten dort aufhielt. Das Basler Burgrecht der Markgrafen ging ja zurück auf das
12. und 13. Jh., in denen die Röttier Herren Vögte von St. Alban in Basel und schließlich
selbst Basler Bischöfe und Dompröpste gewesen waren.

Bis zum Ende des 16. Jh. war die Burg Rötteln immer noch zeitweise markgräfliche
Residenz, und danach behielt sie ja wenigstens ihre Funktion als Verwaltungszentrum
für die Herrschaft Rötteln und die Landgrafschaft Sausenberg (um Kandern). Ein Teil
der Beamten muß damals schon im Röttlerweiler gewohnt haben. Und ihre Diensträume
hatten sie ja bei ihrer Wohnung oder besser gesagt, die wechselnden Beamten hatten ihre
Wohnung in ihrem Dienstgebäude. Der Leiter einer Verwaltung hatte auch stets seine
Schreiber und Schreiberlehrlinge (»Incipient«=Anfänger) bei sich im Hause, bei ihm
waren sie in Kost und Logis, wofür sie einen kleinen Kostenersatz anzusprechen hatten.

Die kirchliche Organisation dürfte wohl auch regional gegliedert gewesen sein, der
Sitz des Dekanats wechselte jedoch je nach dem Ort, an dem der Dekan seinen Pfarr-
dienst versah. Mit der Reformation wurde zunächst Rötteln fester Sitz des Landkapitels,
der Versammlung der Geistlichen eines Kirchenbezirks, und der Sitz des Superintendenten
, des Dekans, wie der Leiter des Kirchenbezirks heute wieder heißt. Die beliebte
Kurzform für diesen Titel hieß im 17. und 18. Jh. »Spezial«, und sein Amt war das »Spe-
zialat« (und nicht Spezialamt, wie man bei gewissen Schreibern lesen muß). Am Sitz dieses
Landkapitels nun, eben in Rötteln, wurden sofort mit Beginn der Reformation in Baden
-Durlach (Sommer 1556) Musterschulen eingerichtet, nicht nur eine sogen, deutsche
Schule zur Vermittlung von Lesen und Schreiben, zur Einübung des Kirchengesangs, für
den Religionsunterricht in Bibelkunde, Katechismus usw., sondern auch eine Lateinschule
. Die Grundforderung Luthers war und blieb seine »teutsche Schule«, zu der für

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