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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 182
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0184
Zur Wiedereröffnung der Martinskirche am 19. März 1982

von Fritz Fischer

Zur Wiedereröffnung der Martinskirche bin ich gebeten worden, als alter Müllheimer
ein paar Worte zu sagen oder zu schreiben. Wohl unter diesem Soll - muß wäre zuviel
gesagt - hatte ich in einer der vergangenen Nächte einen Traum. Ich war wieder ein kleiner
Bub. Ich sah mich direkt vor mir in dem zu jener Zeit üblichen Matrosenanzügle mit
einem gestickten Anker auf dem linken Ärmel und einer entsprechenden Matrosenmütze
mit Schriftband und Bändern. Der Montur nach muß ich zwischen fünf und zehn Jahren
alt gewesen sein. Aus irgendeinem Anlaß - der Traum verriet davon nichts - war ich
an den Händen meiner Eltern in die Alte Kirche gekommen. Wir betraten das Kirchenschiff
und den Chor. Der ganze Raum war weiß gekalkt, doch Wände und Fensternischen
waren durch den Staub grau geworden. Der Boden des Chors war mit Grabplatten
bedeckt, die von den vielen Füßen, die schon darübergegangen, abgeschliffen waren.
Das Holz der Empore über dem Eingang und an der Nordseite des Kirchenschiffs war
grün gestrichen. Eine breite Holzstiege führte von der Seitenempore zum Chor hinab.
Das Grabmal des Habspergers und seiner Frau stand noch nicht an seiner heutigen Stelle,
sondern im Chor. Zum erstem Mal sah ich zwei Menschen lebensgroß in Stein gehauen.

Da geschah, während ich noch träumte, daß an der Nordseite des Kirchenschiffs, wo
die hölzerne »Borchilche« (Empore) verlief, die schmale Tür sich öffnete, die heute noch
an der Außenfront zu sehen ist. Der Habsperger und seine Frau, diesmal nicht aus Stein,
sondern leibhaftig, betraten die Kirche. Sie waren über das Brücklein gekommen, das
einst über das Gäßlein hinweg die Kirche mit der in jüngerer Zeit leider abgerissenen
Burgvogtei verbunden hat und den Herrschaftszugehörigen den Kirchgang bequem
machte. Habsperger und Gattin stiegen die Holztreppe hinab und nahmen auf dem für
die Herrschaft bestimmten Gestühl Platz.

Ich wachte auf. Der Habsperger war verschwunden. Er war in seine Gruft zurückgekehrt
, in der er seit seinem Tod im Jahr 1583 ruht, oder er muß, wie die Sage berichtet,
immer noch als wilder Jäger umgehen. Der Traum ging in die Wirklichkeit über. Der
Habsperger ließ mir keine Ruhe, und wieder einmal las ich im alten Sievert vom Leben
dieses Mannes. Hans Hartmann hieß er mit Vornamen. Seit 1565 war er Oberamtmann
von Badenweiler gewesen. Von seinem Vorgänger Ludwig Wolf von Habsperg hatte er
den großen adligen Besitz zu Ober-Müllheim bei der Martinskirche, der bis zur Mühle
an der Erngupfe, der späteren Gabelmann-Mühle, reichte, käuflich erworben. Unmittelbar
neben der Kirche errichtete er einen »Schloßbau«, wie es in der Chronik heißt, die
spätere Burgvogtei. Don drüben an der Wand steht sein Grabmal, auf dem er mit seiner
Gattin, einer geborenen von Rot, abgebildet ist. Sie war nach der schriftlichen Uberlieferung
eine »tugendsame Frau und viel tätig gewesen mit Almueßen, Hilf und Rat«.

Von den Vorgängern der Habsperger, den Neuenfelsern, zeugt ein Grabstein an der
nördlichen Außenmauer dieser Kirche.

Meine verehrten Zuhörer, haben Sie keine Angst, daß ich so weitermachen werde. Wir
gerieten in die vielfach verschlungenen Pfade der Heimatgeschichte hinein. Meine Betrachtung
soll speziell der Martinskirche gelten nach meinen persönlichen Erlebnissen.

Den Namen Martinskirche habe ich in meiner Kinder- und Jugendzeit nie gehört. Seit
sie als Gotteshaus zu dienen aufgehört hatte und die im Jahr 1881 eingeweihte evangelische
Stadtkirche diesen Dienst übernommen hatte, hieß sie bei den Müllheimern die Alte
Kirche.

Was die Kirche in all den Jahren alles erlebt hat, würde meine Schilderung überfordern
. Da war sie Lagerraum für Materialien von Gewerbetreibenden, von »Militärinstrumenten
« - so stehts in den Akten-, sie diente zur Aufstellung von leichten Geschützen
, zur Lagerung von Heu und Hafer für Militärpferde, von Möbeln des Gerichtsvoll-

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