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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 154
(PDF, 40 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0156
Lob auf Lörrach

von Hermann Burte

»Ja, kann man denn als geistiger Mensch in Lörrach überhaupt leben?« frag einmal ein
Berliner der verschwundenen Art...

Ja, hier kann man ganz gut leben, ein gewisser Johann Peter Hebel lebte hier von 1782
bis 1791 recht innig und ergiebig, pflegte echte Freundschaft und Liebe, wurde hier vom
Jüngling zum Manne, lernte Land und Leute kennen, übte einen doppelten Beruf als
Pfarrer und Lehrer aus und war Stellvertreter des Anstaltsleiters am damaligen Pädagogium
, das heute nach ihm »Hebel-Gymnasium« heißt - »Präzeptoratsvikar« war sein
wunderlicher Titel! - Ja, hier lebte er, und genau bedacht, wurde er hier, was er in der
Welt bleibt: der klassische deutsche Mundartdichter und der klassische deutsche Erzähler
, ein Stern ersten Ranges am badischen Firmament, der »unschätzbare« Hebel, wie
ihn Goethe, der ihn besuchte und erkannte, in »Dichtung und Wahrheit « nennt.

Ja, hier in Lörrach, dieser Stadt, die »gegründet« wurde, als die Franzosen die Feste
Rötteln, den Sitz der Regierang, zerstört hatten, läßt es sich aushalten, wenn man Kern
und Stern des Ortes mit frischen Sinnen erfühlt und erlebt. Dem Blauen zu hegt das Rebland
, im Tale das Webland. Alles in allem ist es ein herrliches Lebland! Quer vor dem
Wiesentale liegt Basel, das goldene Tor der Schweiz! Alle Straßen, alle Wasser, alle Blicke
gehen talaus und zielen auf die Stadt, die landschaftlich als Mark und Mitte des Raumes
am Rank des Rheines daliegt.

Wenn wir als Dichter von Basel sprechen, so meinen wir die geistige Stadt, das Basel
mit den vier berühmten B: Bernoulli, Burckhardt, Bachofen, Böcklin - und das mit den
vier bezeichnenden M, die sein lebendiges Wesen ausmachen: Messe, Maske, Mission
und Musik - jene Stadt, die geistige Hauptstadt Alemanniens sein müsste und könnte,
hat sie doch den Mann geboren, der das magische Wort alemannisch, nachdem es sieben
Jahrhunderte verschollen war, mit seinen Gedichten wieder ans Licht brachte - Hebel!

In Basel geworden und aufgewachsen, ist Hebel doch kein Basler und kein Schweizer,
sondern von einer lutherischen Alemannin aus dem Wiesental als Sohn eines reformierten
Pfälzers vom Hunsrück geboren, in einer Stube am Rank des Rheines: wenn die Mutter
ihr Büblein tränkte, konnte sie den badischen Blauen sehen und die Wellen rauschen
hören im Strom: ein Kind des Rheins ist ihr kleiner Hanspeter geblieben sein Leben lang.

Basel war die Stadt, nach der Hebel sich sehnte im Alter, um die schönen Spaziergänge
machen zu können nach Grenzach, Lörrach und Weil in die Markgrafschaft hinüber!

Und wäre er in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder einmal geisterweise
nach Lörrach gekommen, so hätte er vielleicht im »Hirschen« einen echten Basler
getroffen, mit edlem Kopf, Jakob Burckhardt, im humanen Gespräch mit dem badischen
Oberamtmann von Preen, oder es wäre ihm gar ein etwas seltsamer Herr begegnet,
grauen Zylinder und blaue Brille auf, mit Zeugstiefeln an - der Herr Professor Friedrich
Nietzsche, der zu Frau Marie Baumgartner, einer vornehmen Frau von Geist und Welt,
in das Gut Rosenfels in Lörrach kam und sich von ihr in das kommende Europa entführen
ließ, im Teegespräch! - Diese alle konnten in Lörrach leben!

Geht einer den Mühlenteich entlang, kommt er an die Stettener Mühle: Hat nicht der
Freiburger Hefele herausgebracht, dass Carl Maria von Weber durch seine Ahnen aus
der Mühle am Teich von Stetten stammt, also auch ein wenig zu Lörrach gehört? - Der
»Freischütz« und der »Karfunkel«, das ist gar nicht so weit voneinander! -

Hans Thoma hat hier gelebt, mit Mutter und Schwester, in den schwierigen Zeiten des
Anfangs, als er in Basel festen Fuß zu fassen suchte - und hier hat er, mit den Seinen, eine
innere Wandlung vollzogen...

Also laßt den Berliner rahig fragen und sich wundern!

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