Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 132
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0134
Das Ende des alten Reiches
am Oberrhein

Revolutionäre Umtriebe in Lörrach und Umgebung

Vortrag von Paul Rothmund,
am 27. Oktober 1982, Lörrach

Lassen Sie mich bei der bei Referenten und Reden üblichen deutschen Gewohnheit
bleiben und mit einem Zitat von Joh. Wolfgang von Goethe beginnen. Im Goethe-Jahr
1982, das ja auch, wie diese Vortragsfolge ausweist, ein Jubiläumsjahr für Lörrach ist, ist
dies zudem angemessen.

Bei der Kanonade von Valmy im Jahre 1792, als die Koalitionsarmee dem französischen
Revolutionsheer gegenüberstand, meinte dieser deutsche Dichterfürst:
»Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus.«
Ich will noch ein zweites Zitat an den Anfang stellen. Sein Urheber ist weniger berühmt
, doch er steht uns näher, weil er aus der unmittelbaren Nachbarschaft kommt.
Wenige Jahre nach dem Goethe-Zitat, am 5. Juli 1796, schrieb Philipp Jakob Herbst, der
Pfarrer von Steinen, in sein Tagebuch, das vor über 70 Jahren mit Illustrationen von Hermann
Daur veröffentlicht wurde:

»Die Armen, sonderlich die liederlichen Armen,
zum Teil auch Reiche, freuen sich sehr auf die
Franzosen und äußern jetzt ihre Gedanken öffentlich
. Sie erwarten eine gänzliche Umänderung
der Welt und meinen, die Armen bekämen nun
große Bauernhöfe, die Reichen würden ihre Tag-
löhner. Sonderlich viel wird den sogenannten
Herren im Land das Los übel gelegt. Sie sollen
abgeschafft und das Land durch badische Sansculotten
oder vielmehr gar durch niemanden regiert werden.«
Hier der einfache, biedere Landpfarrer - dort der verwöhnte, hochangesehene Dichter
und Staatsminister. Beide spüren, daß es gärt, daß eine Aera beendet ist, daß eine
Wende sich anbahnt, im Reich, in Europa, ja in der Welt.

Wir müssen uns daher fragen, was diese Wende verursachte, warum diese Unruhe und
dieses Unbehagen bestand, ein Unbehagen, das im benachbarten Frankreich zum totalen
Umsturz der bestehenden alten Ordnung führte, zur Revolution unter der Parole »Freiheit
, Gleichheit, Brüderlichkeit«. In Deutschland und in Europa wurde im Verfolg dieser
Ereignisse das gesamte Kartenbild verändert, und das Großherzogtum Baden ist
gleichfalls eine Folge dieses Gärprozesses.

Wenden politischer Art und Revolutionen entstehen niemals spontan. Immer haben
sie geistige und soziale Ursachen, die sich im Unter- oder Hintergrund entwickeln und
entfalten.

Das gilt auch für diese Epoche, deren Beginn mit dem Sturm auf die Bastille 1789 in
Paris allgemein angesetzt wird. Ich nehme als Beginn viel lieber den 4. Juli 1776, den Tag
der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, denn hier werden die Elemente erstmals
politisch relevant, die unsere Zeit seit damals bestimmen:

- Die Freiheit und Gleichheit der Menschen

- der Vertrag zwischen Volk und Regierung

- und die Volkssouveränität.

Das vorläufige Ende dieser Epoche wird durch den Wiener Kongreß und die Bildung
des deutschen Bundes signalisiert, durch das Jahr 1815. Knapp 40 Jahre haben die Welt
umgestaltet und unser heutiges Leben bestimmt.

132


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0134