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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 146
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0148
Meine Begegnungen mit dem Markgräflerland

von Helmut Bender

Als gebürtiger Freiburger steht man ihm ohnehin nah, und nur die zahlreiche Verwandtschaft
»im Ried drunten« mochte verhindern, daß der Gymnasiast, der seine
Schulferien so gern auf dem Land verbrachte, relativ wenig ins »Oberland« gelangte.
Hebels Gedichte hatten's ihm ohnehin angetan; es gab da ein Kärtchen in einem Heimatatlas
, auf dem mehr oder weniger sämtliche Orte verzeichnet waren, die von des Dichters
lyrischen Aussagen berührt werden. Zusammen mit einem ebenfalls hebel- und
markgräflerland-verehrenden Klassenkameraden entschloß ich mich dann, als ca. Siebzehnjähriger
an einem Wochenende auf eigene Faust eine Oberlandfahrt zu riskieren.
Der Isteiner Klotz war unser erstes Ziel. Wir schwelgten hier vorwiegend in unseren botanischen
, aber auch in unseren heimatgeschichtlichen Kenntnissen und Vorstellungen.
Am Abend aber, statt nach Freiburg zurückzukehren, wagten wir die Weiterfahrt in
Richtung Schweizer Grenze. Von Weil durch den Tunnel nach Lörrach-Stetten hinüber.
Zu Hause hatten wir irgendeine geheime Jugendtagung vorgeschützt. Obschon es noch
nicht ganz Spätjahr war, wurde es noch vor Mitternacht empfindlich kühl. In die Lokale
wagten wir uns nach 22 Uhr nicht mehr. So verbrachten wir einen Großteil der Nacht in
einem auf einem Bauplatz abgestellten Möbelwagen. Am frühen Sonntagmorgen fühlten
wir uns derart klamm, daß wir uns Bewegung verschaffen mußten. Das dürfte ganz in
Grenznähe gewesen sein, ohne daß wir es präzis gewußt hätten - und mir nichts dir
nichts liefen wir einer Zollstreife in die Hände, die uns zurecht als seltsame Vögel betrachten
mußte und uns mit ins Revier nahm. Da wir weder schon wehrpflichtig waren
noch irgendwelche Konterbande mitführten, entließ man uns mit allerlei Ermahnungen,
was mich noch heute verwundert, denn unseren romantisch-verworrenen Geständnissen
hatte man als normaler Erwachsener, geschweige denn als Grenzwächter jener Jahre
(es muß wohl 1940 gewesen sein) doch kaum folgen können. Immerhin waren wir von
unserem neuen »Abenteuer« nicht so verwirrt, als daß wir unsere Zweitagesfahrt per
Rückreise nicht doch noch nutzten und allerlei Zwischenaufenthalte ä la Müllheim, Buggingen
, Heitersheim und Krozingen einlegten. Wir haben uns dann absolutes Stillschweigen
über diese seltsame Reise geschworen, und erst heute rede bzw. schreibe ich
eigentlich erstmals davon.

Die zweite Hälfte des Kriegsjahres 1944 sah mich dann zeitweilig als Wehrmachtsangehöriger
im Oberland. Ich bedaure, meine entsprechenden Aufzeichnungen darüber
nicht mehr zur Hand zu haben. Beim kurzen Stellungskrieg in den Vogesen während der
ersten Monate 1945 mußte ich sie mit vielem anderen und allerlei Nützlichem im Stich
lassen. - Erst lagen wir im Herbst 44 in den Müllheimer Kasernen in Bereitschaft. Mit
einer Sonderaufgabe betraut, fand ich doch zwischendurch immer wieder genügend
Zeit, im Markgräflerland zu wandern oder gewissen Dienstfahrten private kurze Exkurse
anzuschließen. Eines Tages - es war ein herrlich bunter Spätherbsttag - traute ich meinen
Ohren nicht, als wir (selbstredend hatte ich bei meinen Kommandos einen Gleichgesinnten
gefunden!) ausgerechnet auf Schloß Bürgeln fernen Kanonendonner aus südwestlicher
Richtung hörten. Bereits kurz danach lag unsere Einheit in den hektisch wiederhergerichteten
Bunkern des ehemaligen Westwalls in Höhe Kleinkems. Der Bataillonsgefechtsstand
war im Haltinger Rathaus untergebracht. Eben da ich nach dort abkommandiert
worden war, gab's gezieltes Artilleriestörfeuer von jenseits der Grenze.
Man wies mir ein Quartier in der östlichen Ortshälfte zu. Ich traf die Bewohner des mir
zugeteilten Hauses noch an, und sie schickten sich eben drein, ihr Heim nunmehr zum
dritten Mal in diesem Krieg verlassen zu müssen. Alle ihre Vorräte wiesen sie mir mit
dem Wunsch, ich solle das Haus »gut halten«. Ich tat's freilich, solange ich konnte, das
heißt, bis ich anderswohin (u. a. in die Rümminger Ziegelei als Ortskommandantur) be-

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