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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 176
(PDF, 39 MB)
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Und nur wenn uns das gelingt, ist ein fester Stand in den Wirrungen unserer Zeit gesichert
. Ist nicht die Lebensangst, von der heute so viel die Rede ist, zu einem guten Teil
mit darauf zurückzuführen, daß vielen Menschen der Boden unter den Füßen wankend
geworden ist, weil sie keine Verbindung mehr zu den Grundlagen des Lebens, zur Vergangenheit
mehr haben?

Wenn das alles ganz allgemein richtig ist, wenn diese Gedanken für die Geschichte im
großen zutreffend sind, dann gelten sie erst recht in abgewandelter Form auch für die
Uberlieferung unserer engeren Heimat. Allen Bestrebungen, die dieser Aufabe dienen,
kann deshalb nur die wärmste Befürwortung und Unterstützung gewährt werden, denn
sie verstärken die Grundlagen des heimatlichen Zusammengehörigkeitsgefühls und
wecken das geschichtliche Bewußtsein in dankenswerter Weise.

Als äußeres Zeichen des engagierten Wirkens der Arbeitsgemeinschaft Markgräfler-
land darf ich nun Ihnen, sehr geehrter Herr Vortisch, dem Ersten Vorsitzenden dieses
bedeutsamen Geschichts- und Kulturvereins, den Wappenteller unserer Stadt mit der
Widmung: »Der Arbeitsgemeinschaft Markgräflerland in dankbarer Anerkennung ihres
vielfältigen Wirkens als Mittlerin heimatkundlichen Wissens um Geschichte und Kultur
zugeeignet« überreichen.

Ihnen, meine verehrten Damen und Herren, darf ich fürs Zuhören danken und nun
ein paar gemütliche Stunden auf dem 15. Nepomukfest wünschen.

Geschichtliche Schlagworte

von Christian Martin Vortisch
Von der Schwierigkeit, zeitgebundene Sprache zu deuten oder zu »entlarven«.

Der Historiker kann unversehens vor der Frage stehen, wie er bestimmte zeitgebundene
Ausdrücke wiedergeben soll. Etwa einfach wörtlich so, wie sie z. B. im Mittelalter
dem damaligen Zeitgeist entsprochen haben und wirklich gebraucht wurden? Solche
Worte sind etwa »Häresie« und der »Ketzer« (das eine meint Irrlehre, das andere Abtrünniger
, evtl. Kirchenfeind). Im historischen Gebrauch sind es Worte, die im Zeitalter
einer einzigen Autorität, die über alle Heilsmittel verfügt und gegen Jedermann, selbst
gegen den Kaiser, den Strahl des Kirchenbanns mit geradezu göttlicher Autorität schleudern
kann, weil ihr allein die rechte Auslegung des Göttlichen Wortes anvertraut ist.
Heute hängen diesen Worten (Häresie und Ketzer) auch die Zweifel bei deren Anwendung
an, Zweifel wegen offensichtlicher Irrtümer oder Machtmißbrauch, weil mit diesen
Wörtern auch die Begriffe Inquisition, Vernichtung, Feuertod, ja Völkermord verbunden
sind (Letzteres nicht nur für Kultur und Volk des alten Occitanien im heutigen
SW-Frankreich, sondern auch der indianischen Völker von Nord-, Mittel- und Südamerika
, deren Führungsschicht, Kultur und Seele vernichtet werden mußten, damit der
weiße Mann den Kontinent kulturell, kirchlich, aber auch wirtschaftlich beherrschen
konnte). Wer diese Verbindung von Häresie, Ketzer und Inquisition zu sehen sich weigert
, wird diese Worte zitieren, wie sie einst gebraucht wurden. Wer sie kritisch wiedergibt
, wird sie eher in Anführungszeichen setzen oder entsprechend erläutern.

Vor dieser Frage stehen wir natürlich auch beim Gebrauch von Begriffen sehr zeitnaher
Entstehung. Nach allgemeinem Gebrauch spricht man vom 30. Januar 1933 als dem
Tag der »Machtergreifung« durch die NSDAP, die Nationalsozialisten. In Wirklichkeit
ist ihr an diesem Tag die Macht übertragen worden, und zwar durch nationalistische,
konservative und reaktionäre Kreise um Hindenburg, der damals selbst nur noch eine
Mythenfigur gewesen ist. In den ausschließlichen Besitz der Macht hat sich Hitler mit
seiner Partei erst später, nach dem 5. März 1933, gebracht.

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