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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 150
(PDF, 35 MB)
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befestigt. Die aber war schuld, daß ich in Brombach nicht schwimmen lernte, nur auf
dem Rücken ging es ein paar Züge, von der Schließe, wo man ins Wasser stieg, bis zur
Stange. Rechne ich noch die Mastkörbe auf der Kiefer im Gartenwäldchen über dem
Teich, so sind die Hauptmöglichkeiten, die sich uns boten, beieinander. Was Wunder,
daß ich jahrelang ein verspielter Junge blieb.

Schon mehr zur Erziehung gehörte es, wenn ich mit dem Vater an Wintersonntagen
Soldaten aufstellen durfte (wobei der alte Kanonier taktische Pläne durchführte, aber
auch die schönen messingnen Geschütze mit Pulver lud und Papierkügelchen abfeuerte),
oder wenn er die prächtigen Ritterfiguren hervorholte, die er aus altem Familienbesitz
sorgfältig aufbewahrte - ich habe sie dann verliederlicht -, oder wenn er die Laterna ma-
gica ihre zum Teil beweglichen Bilder an die weiße Wand zaubern ließ. Ganz feierlich
aber wurde es beim Schattenspiel. Das sollte aus dem weißen Hause stammen, von der
Mutter des Großpapa Forcart her, und bestand aus Cartonfiguren aus dem 18. Jahrhundert
, die auf festen Drähten aufmontiert waren; darauf wurden sie hinter der beleuchteten
Leinwand aufrechtgehalten, und mit andern Drähten wurden ihre Gliedmaßen bewegt
. So erschienen ihre wundersamen Silhouetten auf der Bühne und agierten höchst lebenswahr
. Dieser Schatz ist zum Glück unversehrt erhalten; der Vater hat ihn selber
noch gemehrt, um unsere Beglückung, etwa durch einen Drachen oder die sieben
Schwaben, zu steigern.

So war's in Haus und Garten. Aber darin war das Jugendland nicht begrenzt. Der
Wald hinter dem Dorf gehörte von der frühesten Zeit dazu. Am schönsten war es zuerst,
dort mit unserer Maler-Tante herumzustreifen und zu spielen, die immer Stift und Pinsel
bei sich hatte, und der man zusehen durfte, wenn sie ihr Skizzenbuch mit den anmutigsten
Bildchen füllte, auf denen wir uns oft selber erkannten, ohne zu wissen, wie ernsthaft
sie uns studierte. Amelie Imhof hatte eine ausgesprochene und ernste künstlerische
Begabung, die sie an der Zeichenschule und unter Ernst Stückelberg, dem nahen Freund
ihres kunstsinnigen Vaters, dann längere Zeit mit besonderem Erfolg in Paris ausbildete,
und auf deren Ausübung sie nach ihrer spätem Verheiratung nur mit Schmerzen verzichtet
hat. Sie ist, über 90 Jahre alt, erst vor wenigen Jahren gestorben, und es ist zu bedauern
, daß unsere öffentlichen Sammlungen von ihrer Hand nichts sehr Bezeichnendes
bergen. Sie hat sich auf einen kleinen Bezirk beschränkt, die Darstellung des Kinderlebens
, hat aber dann eine liebenswürdige und vielseitige Eigenart entwickelt, wie sie denn
als Persönlichkeit selber die verkörperte Liebenswürdigkeit war, voll von altbasleri-
schem bon-sens und dabei von tiefer, verhaltener Empfindung. Beides kam in ihren Arbeiten
zum Ausdruck, aber leider ist, was davon zurückblieb, ins Ausland abgewandert.

Prosaischer waren dann die Schulwege, erst der tägliche Gang ins Dorf und dann nach
vier Jahren schon (ich war im sechsten Jahr eingetreten) der Marsch nach Lörrach ins
»Schiff«, so hieß das Gymnasium bei der Stadtkirche. Der brauchte ein Stündlein am frühen
Morgen und in der Mitte des Nachmittags; über Mittag durfte ich in Lörrach bleiben
an Kosttischen, die mehrfach wechselten, und oft bei den Freunden aus dem Brombacher
Schlößli, deren Eltern eben der Schulen wegen nach der Stadt übergesiedelt waren,
und bei denen es noch besser schmeckte als bei den Lehrerfamilien, die mir Kost gaben.
Die Landstraße, am Brombacher Gottesacker vorbei, lief erst unter Bäumen einem Bach
entlang; wenn man bei dessen Wendung gegen die Wiese über die beschattete Brücke
kam, war man im offenen Feld und sah die Stadt vor sich, aber noch fern, und es dauerte
noch wohl mehr als zwanzig Minuten, bis man über den Lörracher Gottesacker hinaus
bei der Suchardischen Schokoladefabrik war, wo es so stark nach Cacao duftete wie zu
Hause nach Häuten und Loh'; und dann war man noch nicht an der Bahnhof-Barriere,
die so oft gesenkt war, und bei der schönen Villa Favre — so vornehm wie eine basleri-
sche, - und noch nicht am »Hirschen« vorbei und am Ziel. Mein Freund aus dem Dorfwirtshaus
wanderte mit mir, und es gab allerlei Erleichterungen, namentlich für den
Rückweg. Da fuhren die Leiterwagen, die Holz talab gebracht hatten, oft in ganzer Reihe
leer zurück nach Steinen oder weiter hinauf, und man durfte aufsitzen; oft gab es so-

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