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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 2.1984
Seite: 147
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-02/0149
»Ha no«, sagte dann Heuss und mußte grinsen, bis hinter beide Ohren. Wendle fuhr
dann fort: »Wir zwei gehören auch zu den ältesten Demokraten im Land«. Heuss meinte
dann, wie lange er schon in einer Partei sei, Wendle stand stramm und sagte: »Seit 1923,
Herr Bundespräsident«.

Heuss war darüber richtig erfreut, soll die Brieftasche aus der Jacke genommen haben
und Karl Wendle einen 50-Mark-Schein überreicht haben. Dann verabschiedeten sie sich
voneinander.

Am Donnerstagabend trafen sich damals noch die alten ötlinger am Stammtisch im
Ochsen. Da es gerade Donnerstag war, erschien der Wendle Karle abends im Ochsen am
Stammtisch, spiegelte einen 50-Mark-Schein und erzählte den Hergang der ganzen Sache
.

Anmerkung:

Genaue Kenner des Dorfgeschehens meinen, daß die Begegnung so verlaufen sei, nur die Begebenheit
mit dem 50-Mark-Schein sei eine Zugabe von Karl Wendle. Das Heussbild hing damals wirklich
über dem Sitzplatz des Bürgermeisters im ötlinger Rathaus; es ist heute noch vorhanden.

Hebammen- oder Weiberstühle

von Christian Martin Vortisch

In ihrer am 18.11.1978 in Tegernau gehaltenen Festrede zu »700 Jahre hinteres Kleines
Wiesental« (abgedruckt in Heft 1/2 1979 von »Das Markgräflerland«) hat Gudrun
Welsch-Weis u.a. über die in der 2. Hälfte des 18. Jh. dort noch herrschenden Sitten
beim Vorgang der Kindergeburt berichtet. Es sei dann auf Veranlassung des Landphysi-
cus, also des Amtsarztes, ein Kreißstuhl eingeführt worden, den die Hebamme fortan zu
jeder Geburt bergauf, bergab schleppen mußte.

In einem seiner letzten Einträge im Tagebuch seines Auggener Pfarramtes hat Jeremias
Gmelin festgehalten: »Im Dezember 1698 sein vom hiesigen Schreiner 2 Hebammenoder
Weiberstühl verfertiget, welche durch eine Privat-Collect von hiesiger Gemeine, ist
eine Haußhaltung auf (offenbar der Durchschnitt der Gaben, d. Berichterstatter) 9 Rappen
kommen, bezahlt worden, das Holtz zu solchen Stühlen hat gekostet 2 Pfund, der
Macherlohn aber 6 Pfund und also zusammen 8 Pfund.«

Das Stück hat demnach 4 Pfund gekostet. Das Pfund war im Verhältnis zum Gulden
etwa 45 — 48 Kreuzer wert (Gulden = 60 Kr.). Und wenn 8 Rappen (die Münze von Basel
und dem Rappen-Münzbund der oberrhein. Städte) ungefähr zwischen 31/2 und 33A
Kreuzer wert war, dann waren das für die damalige Kaufkraft schon erhebliche Beträge.

Im Vergleich zum Material hat die Arbeit auch damals schon viel gekostet: Das Dreifache
.

Es ist kein Zweifel, daß hier in Auggen mit dem »Weiber- oder Hebammenstuhl« genannten
Stuhl der oben genannte Kreißstuhl gemeint ist. Ein Beispiel, wie man manchmal
aus beiläufigen Bemerkungen, vor allem aber in dörflichen alten Rechnungen und
Abrechnungen auf überraschende Einzelheiten stoßen kann, die andere Funde und Befunde
sachlich bestätigen oder ergänzen können. Vielleicht ist unseren Regional- und
Heimatmuseen ein solches Stück bekannt oder wird zufällig einmal gefunden oder angeboten
? Man sollte bei alten Möbeln merkwürdiger Bauart an eine solche Verwendung
denken. Für Abbildungen wären wir dankbar.

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