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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 2.1984
Seite: 167
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-02/0169
Eine Heidenreich-Glosse
und eine Nachfrage

von Friedrich Heidenreich

Bücher haben ihre Schicksale, besagt ein lateinisches Sprichwort. Und so scheint es in
der Tat zu sein. Sehen wir, was es in dem Fall, über den hier zu berichten ist, auf sich hat:

Der Scharfrichter Georg Friedrich Heidenreich (1680 - 1739), Sohn des gleichnamigen
Scharfrichters von Rötteln und von dessen Ehefrau Anna Maria Günter, ist der
Stammvater aller Heidenreiche in der Müllheimer Region. An die erwähnte Anna Maria
Günter, Tochter übrigens des Neuenburger Scharfrichters Melchior Günter1^ und, wie
Patenschaften vermuten lassen, auch in verwandtschaftlichen Beziehungen zu den in Basel
amtierenden Scharfrichters Günter stehend, erinnert eine schöne, noch guterhaltene
Grabplatte an der westlichen Außenwand der alten Kirche in Rötteln (Abb. 1). Durch
Einheirat der Scharfrichter-Töchter in ortsansässige Familien ist der eingangs erwähnte
Georg Friedrich Heidenreich Vorfahr von weit zahlreicheren Geschlechtern, als wahrscheinlich
den heute Lebenden bewußt ist. Es seien ohne Anspruch auf Vollständigkeit
die Namen einiger Familien genannt, in welche Heidenreich-Töchter sozusagen primär
eingeheiratet haben:

Blankenborn, Cammüller, Engler, Fischer, Föckler, Frick, Gmelin, Kallmann, Lu-
din, Rieger, Tulla, Vollmer, Willin, Zöllin. Es finden sich hier auch Namen von Zeitgenossen
, die schon im Begriffe waren - wie man es heute nennen würde -, eine steile Karriere
zu machen, wie etwa der Landphysicus Stupfer oder der spätere Superintendent
Welper. Es würde bei weitem den Rahmen dieser kurzen Betrachtung sprengen, wollte
man aufzählen, in wieviele Familien letztendlich sekundär Scharfrichter-Erbmasse weitergegeben
wurde. Ein Beispiel nur: die Frau des Kirchenrats Sonntag war Heidenreich-
Nachfahrin. Manch einer jedenfalls würde, wenn es ihn reizte, seinen Vorfahren nachzuspüren
, sich plötzlich mit dem Scharfrichter-Ahn konfrontiert sehen.

Georg Friedrich Heidenreich (1680 - 1739) war der letzte Scharfrichter (Carnifex) im
Weilertal mit Namen Heidenreich. Seine Söhne, angefangen mit dem ältesten, Georg
Adolf Friedrich Heidenreich, dem »Reichsposthalter« (Abb. 2) auf der »Alten Post«,
der Posthalterei an der Landstraße bei Müllheim, ergriffen ausnahmslos bürgerliche Berufe
. Der — soweit bekannt - zweitjüngste Sohn Karl Friedrich Heidenreich (1718 -
1759) macht da keine Ausnahme. Er wurde Arzt. Ähnliche Entwicklungen werden
vielerorts beobachtet, wo es zur Verbürgerlichung der zwar angesehenen, aber doch gemiedenen
Scharfrichter-Dynastien kommt, daß nämlich die Nachfolgegenerationen sich
nicht selten Heilberufen zuwenden. So gibt es auch bei den Nachkommen der im Wiesental
verbliebenen Vertreter der Scharfrichterfamilie der Herrschaft Rötteln einen Arzt;
und dessen Sohn wurde wiederum Arzt.

Wir bleiben beim Enkel des Röttier Scharfrichters, bei jenem Carl Friedrich Heidenreich
, der sich in Müllheim dem Arztberuf zugewandt hatte. Er war Physicus in Müllheim
geworden. Leider ist von ihm nicht viel mehr bekannt als das, was die Kirchenbuch
-Einträge über ihn vermelden, Geburt und Tod. Demnach verstarb er früh, im besten
Mannesalter sozusagen, mit 41 Jahren. Man weiß nicht einmal, ob er verheiratet
war. Durchaus möglich, daß Nachforschungen beim Generallandesarchiv noch Wissenswertes
erbringen könnten. Sichere und beredte Zeugen des Erdendaseins unseres
Carl Friedrich sind indessen 2 Bücher, die sich einst in seinem Besitz befanden.

Das eine ist unverkennbar ein sogenanntes Freundschaftsbuch (Abb. 3, 4, 5), wie es
bei Studiosi in jener Zeit üblich gewesen war. Es ist ein schön in Leder gebundenes Buch
mit feiner Goldprägung. Es trägt die Jahreszahl 1742. Der Besitzer war damals 24 Jahre
alt. Er dürfte das Studium gerade hinter sich gebracht haben; so nennt er sich, wie dem
sauber in Zierschrift beschriebenen Titelblatt zu entnehmen ist, stolz schon »Carolus

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