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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 2.1984
Seite: 178
(PDF, 33 MB)
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Bücher und Zeitschriften

»Pilgerfahrten durch das Breisgau und den Schwarzwald«
Aus Lucian Reichs »W'anderblühten aus dem Gedenkbuche eines Malers*

von Helmut Bender

Der Malerpoet Lucian Reich gehörte lange Zeit zu den leider ziemlich Vergessenen unserer badischen
Heimat. 1817 in Hüfingen geboren, entstammte er einer künstlerisch aktiven Familie. Nach
einer ersten Lehrzeit bei seinem Vater, der neben dem Schulleiterberuf vor allem kunstgewerblich
unermüdlich tätig war, besuchte er das Städelsche Institut in Frankfurt sowie die Münchener Malerakademie
. Eine erste Gelegenheit zu künstlerischem Wirken fand er unter M. v. Schwinds Anleitung
bei der Ausschmückung der Karlsruher Kunsthalle mit allegorischen Fresken. Danach schuf er
Bilder vorwiegend religiösen Inhalts. Bald versuchte er sich auch in literarischen Arbeiten. 1853 gab
er, gemeinsam mit seinem Schwager Johann Nepomuk Heinemann (der die Lithographien Reichscher
Vorlagen erarbeitete), das kulturgeschichtlich bedeutsame Werk »Hieronymus, Lebensbilder
aus der Baar und aus dem Schwarzwald« heraus (Reprint Freiburg 1958; vergriffen). Es ist dies eine
idyllische Lebensgeschichte mit volkskundlichem Untergrund und anschaulichen Darstellungen
von Land und Leuten. Das romantische Element ist bescheiden genug, das Reale nicht zu verdrängen
. Bis zu einem gewissen Grad verhält sich das Werk auch autobiographisch: ein junger Schwarzwälder
wird Maler, der Leser nimmt an seiner persönlichen Entwicklung regen Anteil. -1855 nahm
Reich, nachdem er eine Familie gegründet hatte, aus finanziellen Gründen eine bescheidene Zeichenlehrerstelle
am Gymnasium in Rastatt an. Im selben Jahr erscheinen seine »Wanderblühten aus
dem Gedenkbuche eines Malers«, wieder mit Lithographien, von Heinemann ausgeführt. Ein Jahr
später gibt er den (vom Großherzog geförderten) Band »Die Insel Mainau und der badische Bodensee
« heraus (wieder in Karlsruhe erschienen; Reprint mit Nachwort vom Verfasser dieses Beitrages,
Dortmund 1980). Auch hierfür hat Heinemann die Reichschen Bilder auf Stein gezeichnet. Bis zu
seiner Zurruhesetzung 1889 bleibt er in Rastatt, danach übersiedelt er in seine Heimat, wo er, von
seiner Tochter betreut, bis zu seinem Tod 1900 künstlerisch und schriftstellerisch weiterhin wirkt.
Noch drei Jahre vor seinem Tod stellt er eine Nachlese aus früher veröffentlichten und entworfenen
Erzählungen zusammen (»Novellen und Skizzen«).

Uns interessieren hier seine »Wanderblühten ...« und daraus speziell das Kapitel »Pilgerfahrten
...«, in dem auch unsere engere Heimat, das Markgräflerland, wiederholt angegangen wird. Der
308 Druckseiten umfassende Band ist »Seiner Königlichen Hoheit Friedrich Wilhelm Ludwig, Regenten
von Baden ...« gewidmet (dem nachmaligen Großherzog Friedrich I.), der »die Mittel zur
Anschaffung einer größeren Anzahl Exemplare ... für weniger wohlhabende Familien« zur Verfügung
stellen ließ. Es findet sich darin Erzähltes sowie Chronikales (»Hauschronik einer Schwarzwälder
Schildmalers-Familie« [Kirner]). Unsere »Pilgerfahrten« reichen von S. 19 bis S. 60. Das
Buch selbst ist nicht mehr neu aufgelegt worden, schon infolge der beigegebenen getönten Lithographien
ist es auf dem Antiquariatsmarkt zu einer Rarität geworden.

Von Freiburg aus wendet sich Reich dem Oberland zu, zunächst besucht er Staufen, dem er längere
historische und kulturhistorische Passagen widmet. In diesem Zusammenhang beschreibt er
auch die Schlacht bei Friedlingen anno 1702 ganz auf seine Weise: »Anno 1702 begann ein neues
Kriegsgetümmel im badischen Oberlande ... Der französische General Villars war bei Hünningen
über den Rhein gegangen, um sich mit den Bayern zu vereinigen; Markgraf Ludwig von Baden, der
gefürchtete Held, aber suchte dieses zu verhindern, weshalb es am 7. Oktober 1702 zu dem blutigen
Treffen bei Friedlingen, eine Stunde von Lörrach, kam. Die Franzosen hatten bei 15.000 Mann 3000
Tote, darunter 200 Offiziere, der Markgraf aber zählte bei seinem nur 8000 Mann starken Corps
1500 Tote, worunter auch auch der Graf von Fürstenberg. Der Erbprinz von Baden-Durlach,
Markgraf Wilhelm, der auf dem Berge 'Käferhölzlein' bei Schliengen focht, von einer früher erhaltenen
Wunde noch nicht ganz hergestellt, wurde hier abermals verwundet ...«.

Der Verfasser gibt in diesem Zusammenhang aufschlußreiche Reihe geschichtlicher Exkurse, um
alsdann eine kurios anmutende Episode zu berichten: »Es war im Jahr 1813, erzählt der alte Lehrer
von Bellingen, als ich zu meiner Erholung gegen Abend einen Spaziergang nach Schliengen machen
wollte. Wie ich nun zu dem alten Bannkreuzlein komm', fährt eben ein beladener Waidling den
Rhein aufwärts gegen Basel. Als ich so in Gedanken dastehe und dem Schifflein zuschaue - bekomm
' ich plötzlich von hinten ein Paar so tüchtige Ohrfeigen, daß ich niederstürze — hör' und seh'
aber Niemand. Dieses Schlagen soll schon Mehreren (Schulmeistern?) begegnet seyn, ohne daß man

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