Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 106
(PDF, 34 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0108
Beuggen als Beispiel

Daß die Armenlehrer- und -kinderanstalt - wenn auch nur wenige Meter von der
Grenze enfernt - so doch auf badisches Gebiet zu liegen kam, ist einerseits zufällig (die
Basler Regierung wollte 1817/20 die Bewilligung für ein solches Unternehmen auf ihrem
Gebiet nicht erteilen) und andererseits typisch für die Internationalität des Pietismus.
Die Basler kannten ihn schon von Zinzendorfs Brüdergemeinde zu Herrnhut her. Die
Zugehörigkeit zur Erweckungsbewegung schuf die tiefere Verbindung als die Nation,
was denn auch prompt von den eher patriotischen Liberalen kritisiert wurde. »Fromme«
Heiraten über die Landesgrenzen werden im sonst so sehr auf die Verhinderung von
Mesalliancen erpichten Basel häufig. Deswegen stammen badische Pfarrfrauen immer
wieder aus zwar alten, aber herrnhutisch-pietistischen Basler Familien, etwa Luise Schäfer
, geb. Raillard (1819-1902). Ihr Mann diente als Pastor loci in Eimeidingen. Voraussetzungen
dieser Heiraten bildeten Kontakte - Korrespondenzen, Reisen, Besuche -
mannigfachster Art. Diese grenzüberschreitende Offenheit der Frommen besaß mehr
inneren Halt als der zuweilen in Staatsvergötzung ausartende Nationalismus der anderen
Seite. Nicht zufällig war es denn auch der Nationalsozialismus, der Beuggen als quasi
überpolitischem Ort ein Ende setzte.

Johann Jakob Vonbrunn (1797-1861), Sohn des Gründers der Basler Mission und später
Pfarrer zu Basel-St. Theodor, leitete von 1833 bis 1838 die Taubstummenanstalt
Beuggen. Sie wurde dann nach Riehen verlegt und erhielt mit Wilhelm Daniel Arnold
(1810-1879) einen Pfarrersohn aus dem badischen Eppingen zum Leiter. Er war in gleicher
Eigenschaft vorher in Pforzheim tätig gewesen. Auch diese Arbeit geschah für Baden
und die Schweiz gleichermaßen. In Beuggen wirkten übrigens — auch neben den Angehörigen
der Familie Zeller und nach Vonbrunn - immer wieder Theologen aus der
Schweiz als Pfarrer und Vikare.

Bei der Freudigkeit der Erweckungsbewegung an missionarischem und karitativem
Tun fällt die Unbeholfenheit auf, mit der das »fromme Basel« den Anforderungen der
Psychiatrie begegnete. Man legte ihr zu Hause Schwierigkeiten in den Weg und überwies
die eigenen Kranken mit Vorliebe der von Christian Roller (1802-1878) 1842 in der Illen-
au bei Achern gegründeten Klinik. Wollte man eine Sache, die einzuordnen glaubensmäßig
Mühe bereitete, so weit fort wie möglich haben? Adolf Christ besuchte 1851 Roller,
erging sich aber dabei in Verdrängungen der eigentlichen Problematik.

Nicht nur in Beuggen lebte Pestalozzis Erbe in erweckter Form weiter. Der Karlsruher
Seminardirektor Wilhelm Stern (1792-1873) hatte sich von den Anschauungen des
großen Schweizer Pädagogen zum Führer der neupietistischen Bewegung Badens entwickelt
. Hier gehört auch der aus Kandern stammende und in Freiburg als christlicher
Fabrikant lebende Sozialpolitiker Karl Mez (1808-1877) genannt. Viele Jahre wirkte er
im Komitee der Pilgermission St. Chrischona mit. Selbstverständlich standen alle diese
Größen der badischen Erweckung untereinander und mit derjenigen in der Schweiz im
allgemeinen und in Basel im besonderen in ständigem Kontakt.

Die Kirche von Basel-Landschaft

Ganz anders sah, wenigstens vorübergehend, die Sache im 1832 neu entstandenen
Halbkanton Basel-Landschaft aus. Nicht nur der Staat, auch die Kirche hatte sich getrennt
. Alle im Baselbiet wirkenden Pfarrer - bis auf zwei - verloren oder verließen ihre
Stellen. Es handelte sich vielfach um Angehörige der Erweckungsbewegung. Sie ver-

106


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0108