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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 119
(PDF, 33 MB)
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Die Holzener Passion

Zu einem Altarbild von Paul Ibenthaler - Eine Betrachtung

Jürgen Scharf

Paul Ibenthalers Gemälde »Die Holzener Passion« aus dem Jahre 1970 bezeichnet eine
herausragende Station in der künstlerischen Entwicklung des in Eichsei lebenden Malers
und Graphikers wie in der Geschichte des religiösen Bildes neuerer Zeit. Bei der Passionsdarstellung
handelt es sich um ein großformatiges Werk, das den Rahmen der sogenannten
»religiösen Kunst« sprengt. Die evangelische Pfarrgemeinde Holzen erwarb es
seinerzeit als Altarbild für ihre Kirche. Bevor wir die besondere Bedeutung dieser modernen
Umsetzung der Leidensgeschichte Christi im historischen Zusammenhang sowie
in ihrem Gegenwartsbezug darzustellen versuchen, wollen wir das Passionsbild genau
betrachten:

Der Beschauer steht gebannt und erschüttert vor einer Monumentalisierung
der Passionsgeschichte. Sein Blick fällt zuerst auf die Szene »Christus am Marterholz
«. Vor dem harten und kantigen Holz ist Jesus unter den Geißelhieben in die
Knie gesunken. Angebunden und gefesselt krümmt sich der Körper vor Schmerzen
. Unter den wütenden Schlägen der Schergen bricht Jesus hilflos zusammen.
Das Bild beginnt also mit der Geißelung, die Verspottung folgt als zweite Szene
der Komposition. Von den Schmährufen unberührt, thront Jesus hoheitsvoll im
Purpurmantel. Die Hände, die seine Augen zuhalten, können ihm die Sicht auf
das Geschehen nicht verschließen. Im Mittelteil des Altarbildes ist der leidvolle
Kreuzweg dargestellt. Während in den beiden ersten Szenen die Menschen sinnlos
wütend ihrer Leidenschaft freien Lauf lassen und wie von einem fremden
Machtgefüge getrieben handeln, erscheint erstmals in der »Kreuztragung« Christus
selbsthandelnd. Stumm und ergeben trägt er das Kreuzesholz. Die rechte
Bildseite wird ganz von dem Gekreuzigten im Vordergrund beherrscht. In den
drei vorangegangenen Passionsszenen ist Jesus das Objekt menschlicher Aggressionen
, ganz der Eigengesetzlichkeit der Macht preisgegeben, jetzt aber schon der
Dominans und Triumphans. Diese Kreuzigungsszene ist bilddominierend in ihrer
Darstellung der menschlichen Tragödie. Die Menschen sind nach ihrem Urteilsspruch
verstummt und verharren, in sich selbst zurückgezogen, in tödlichem
Schweigen. Die Zeugen des furchtbaren »Schauspiels* sind zur Maske erstarrt.
Leidenschaftslos, kalt und unbeteiligt stehen die Vertreter der Intelligenz, die
Schriftgelehrten, Minister und Richter daneben. Sie haben im Kampf der Wahrheit
gegen die Lüge und der Liebe gegen den Hass jämmerlich versagt. Im schroffen
Gegensatz zu den leidenschaftsverzerrten Gesichtern der Schergen stehen diese
von jeder Gefühlsregung unbewegten Masken. Umso eindrucksvoller spricht
das Gesicht des Gekreuztigten zu uns. In seiner eigenen erbarmenswürdigen
Hilflosigkeit am Kreuz erfasst uns sein Erbarmen mit denen, die nicht wissen, was
sie tun...

Die präzis beobachtete, plastische Bildbeschreibung des ehemaligen Lörracher Kulturreferenten
Karl Friedrich Rieber mit ihren tiefgehenden Interpretationsansätzen trifft
das Wesen des von Paul Ibenthaler gemalten Martyriums. Ergänzend zu dieser komprimierten
Betrachtung Riebers lassen sich allenfalls noch einige nicht unwesentliche kompositorische
Bildelemente anfügen, die in ihrer inhaltlichen Konsequenz Auswirkungen

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