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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 169
(PDF, 33 MB)
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schnür, die zerrissene, mit der du an das teure Rötteln angewachsen warst, geheilt?«
»Nimmt dich die Kanzel und die Kirche gut an, und dein Wort die Gemeinde?« Das sind
pastoraltheologische Spitzensätze und Spitzenfragen, auf die klare Formel gebracht.

In dem Maße, in dem wir uns austauschen über unsere beruflichen Fragen, wächst
auch die Beziehung zu dem, was wir tun.

7. Briefe sind das Gefährt der Erziehung im besten Sinne.

Es gibt einen zauberhaften Briefwechsel mit der jungen und schönen Sophie Haufe aus
Straßburg, in welchem Hebel sich als der »ältere Mitschüler« bezeichnet, welcher der
Dolmetscher auch der schweren Erfahrungen ist, durch die jene mädchenhafte junge
Frau hindurch mußte. Diese Briefe sind so zart, daß man sie selbst lesen muß.

»Es ist unvermeidlich«, so heißt es 1823, »daß der Mensch sein Unteilbarstes, sein Ich
in 2 Teile, Seele und Leib oder Geist und Körper geteilt hat, die doch irgendwo, ich weiß
nicht wo, eins sind... Sie bedürfen stärkende Lektüre, ich empfehle Ihnen Geschichte...«
(Insel 2,393/94).

Briefe geben zu erkennen: Ich bin bei dir, nehme Anteil an deinem Ergehen und an
deinen schweren Erlebnissen, ich versuche dir zu helfen, dich zu trösten. Hebel gehört
auch in die große Trostbrieftradition der deutschen Literatur.

Aber auch der große Latinist Hebel kann sich an seine Freunde wenden, wie Hebel
z. B. an Henriette Hendel-Schütz:

»Saluto, blandissima Sappho te et fratellum tuum Axelium. Arno vos quod boni estis
et parentibus obedientes. Audio, vos latinae linguae cupidissime studere, quae facile est
omnium linguarum pulcherrima et ad informandos animos afficacissima. Utinam vel un-
um verbulum latinum coram tecum colloqui possem, quantum sit mihi tua salus cordi.
Deus te conservet et ornet. Deum ames! Vale carissima (amica).« (Insel 2,389).

Und dann folgt der Bericht vom Kommandeurkreuz des Zähringer Löwenordens, der
Hebel praktisch adelte. So kann man zur Sprache erziehen!

8. Der schönste aller Briefe

ist der Brief der alemannischen Glaubenshoffnung, an Gustave (19.2.1792):

»Da mirs Schicksal nicht gönnte, in Lörrach zu sein, so wünschte ich an keinem anderen
Ort zu sein als wo ich bin. Aber freilich: auf dem Tüllingerberg war es noch viel feiner
und lieblicher, wo ma doch auch Schnee sieht im Winter und Blüten im Frühling und
wo es im Sommer donnert und blitzt, als wenn der liebe jüngste Tag im Anzug wäre. Ich
glaube, daß am jüngsten Tag die Morgenröte lauter Blitz sein und der Donner Schlag auf
Schlag die Morgenwache antrommeln werde. Wie es dann an ein Betglockenläuten gehen
wird, von Hauingen um den Berg herum bis nach Efringen hinab, wie die Leute sich die
Augen reiben werden, daß es schon tagt!, wie es an ein Schneiden und Garbenbinden
gehn wird, denn man will behaupten, daß der Jüngste Tag in die Erntezeit fallen werde.
Und wie sich die Leute wundern werden, daß es nimmer Nacht werden will!, das alles
könnte ich dort oben herab ansehen und nach Weil hinunterschauen und denken: nun
werden sie da unten doch auch aus den Federn sein und den Morgensegen am Jüngsten
Tag aufsuchen. - Und wer weiß, was ich täte, ob ich nicht in der blitzigen Morgendämmerung
geschwind durch die Reben hinabstolperte und Ihnen zusammen Ihre schweren
goldenen Garben binden hülfe. Denn mein eigenes bißchen Halmen, Gott erbarms,

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