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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 71
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-02/0073
Die Deutsche Republik auf der Schusterinsel

Paul Siegfried t

Aus: »Basel und der erste badische Aufstand im April 18481}«

Schon mehrmals haben wir die Schusterinsel erwähnt; betrachten wir nun noch im Zusammenhang
die Ereignisse, die dort als allerletzter Abschnitt des ersten badischen Aufstandes
sich abspielten.

Wir wissen, daß etwa vom 20. April an sich in Hüningen einige hundert deutsche
Handwerksgesellen ansammelten, die alle zum Herweghzuge stoßen wollten. Teils kamen
sie von Basel, teils aus der innern Schweiz. Waffenlos hatten sie die französische
Grenze überschritten; nun warteten sie darauf, daß die Regierung das auch ihnen bekannte
Versprechen halte und sie mit Waffen versehe. Doch diese Hoffnung erfüllte sich
nicht, und ebensowenig kam Herwegh, der bekanntlich viel weiter unten ins Badische
einfiel.

Zu diesen Herweghzuzügern gesellten sich dann noch diejenigen Angehörigen der
Deutschen Demokratischen Legion - es waren darunter auch Franzosen - die vor dem
22. April, dem Tage der Abfahrt der Hauptmasse aus Straßburg, sich von ihr getrennt
hatten und allein das Elsaß heraufgezogen waren. Und ferner wurden sie verstärkt durch
Nachzügler der Legion, die, von Paris herkommend, diese in Straßburg nicht mehr getroffen
und sich ebenfalls auf eigene Faust nach der Schweizergrenze auf den Weg gemacht
hatten; denn auch sie waren der Meinung, der Einfall nach Deutschland werde
durch die Schweiz gehen. Flüchtlinge der Kolonnen Heckers, Weißhaars und Sigels kamen
nach den Niederlagen des Gründonnerstags, des Ostersonntags und -montags nun
auch noch dazu. Sie waren aus dem Badischen direkt oder auf dem Umwege über die
Schweiz nach Hüningen gelangt.

Untätig wollten diese alle nicht bleiben; doch bei der unbeschreiblichen Unordnung
und Führerlosigkeit, die auch unter ihnen herrschte, geschah nichts rechtes. Am Dienstag
, den 25. April, marschierten, vermutlich um Herwegh zu suchen, etwa 250 dieser
Freischärler von Hüningen über die Schiffbrücke nach der Schusterinsel und dann rhein-
abwärts bis nach Kirchen. Die französische Regierung Heß diesen geschlossenen Einfall
nach Deutschland von ihrem Gebiete aus geschehen mit jener halben Duldung, die sie
schon dem eigentlichen Herweghzuge und seinem Rheinübergang bei Kembs bezeigt
hatte. Mit Frankreichs Neutralität war dieses Verhalten unvereinbar; es bedeutete eine
schwere Verletzung seiner Neutralitätspflichten. Wir wissen, wie unvergleichlich viel
ernster die Schweiz die ihrigen nahm. Sie hat es während der beiden Revolutionsjahre
1848 und 1849 stets so gehalten, und nie hat sie es geduldet, daß Zuzüger zu den badischen
Aufständen in nur annähernd solcher Zahl ihre Grenze überschritten, nie auch nur
entfernt in solchem Maße es an der Handhabung der Neutralitätspolizei fehlen lassen
wie Frankreich. Den politischen Flüchtlingen hat sie allerdings stets Asyl gewährt, aber
auch das nur unter stets stärkeren Einschränkungen. Diese waren schließlich so groß,
daß sie nichts anderes als einen teil weisen Verzicht auf die Asylgewährung darstellten,
welche das uralte Recht der Schweiz, ja eine Pflicht der Menschlichkeit war. Das hat aber
nicht gehindert, daß sie nachher die schwersten Vorwürfe Deutschlands und dann auch
Frankreichs hinnehmen mußte, ja daß sie zwei Jahre später wegen dieser ihrer im Wesentlichen
durchaus korrekten Haltung mit knapper Not einem Krieg mit den Großmächten
entging, der leicht ihr ganzes Dasein hätte aufs Spiel setzen können. Daß aber

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