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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 225
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-02/0227
Eine Steinplastik des Meisters der Rötteler Grabmäler

Annemarie Heimann-Schwarzweber

Während der Renovierung der ötlinger Kirche 1982 - 83 kam in der alten Umfassungsmauer
des Kirchhofes ein Sandsteintorso zutage, den die Kirchengemeinde als
Sockel für die neue Taufschale verwenden wollte. Es wurde davon Abstand genommen,
nachdem ich festgestellt hatte, daß es sich um den unteren Teil einer Sitzmadonna mit
Kind handelt, die vom gleichen Meister geschaffen sein muß wie die Skulpturen in der
Rötteler Kirche und die Luna im Museum am Burghof in Lörrach, die ebenfalls aus Röt-
teln stammt.

Die Zusage des Kirchengemeinderates, die Plastik als Leihgabe in das Museum am
Burghof neben die Luna zu stellen, konnte leider nicht ausgeführt werden, so daß eine
Besichtigung zur Zeit noch nicht möglich ist. Es handelt sich um eine etwas unterlebensgroße
Marienfigur, auf einer Bank sitzend. Maße: Höhe 65 cm, davon 17,5 cm der Sok-
kel, Breite unten 41 cm, oben 46 cm, Tiefe unten 28 cm, oben 32,5 cm. In Schoßhöhe ist
sie abgebrochen. Auf dem Unken Knie sind die Zehen eines Kinderfüßchens sichtbar, die
unter einem - lädierten - Gewand hervorschauen. Das Jesuskind war also stehend nach
links gewandt und trug ein langes Hemd. Die Gewandung der Mutter staut sich in reichen
Falten zwischen den Beinen, und die Mantelenden fallen auf ihrer linken Seite in
weichen Kaskaden zu Boden. Trotz der Verstümmelung, der alle herausstehenden Formen
zum Opfer gefallen sind, ist sichtbar, daß das Werk eindeutig in engster Verwandtschaft
zu den drei Grabmälern in Rötteln steht, die um 1420 zu datieren sind. Die Stoffpartie
zwischen den Knien mit den tiefen Faltenschluchten und den großzügigen Röhren
findet sich bei dem Grabmal des Klerikers in gleicher Art, nur vielfältiger, weil von den
Hüften herabfallend; und die weich wie Volants übereinanderfallenden Zipfel seitlich
sind die gleichen wie bei der Markgräfin und wie bei der Luna. Die eigenwillige, phantasievolle
Handschrift des Künstlers mit dem Kontrast zwischen Röhren- und Schüsselfalten
und den spielerischen Saumenden ist unverwechselbar und bis jetzt in der gleichzeitigen
Basler Plastik nicht aufzufinden. Es sind zwar dort verwandte Hände am Werk, am
Spalentor bei der Madonna und den beiden Propheten und am Westgiebel des Münsters;
diese Werke sind zwischen 1421 und 1428 entstanden, also gleichzeitig mit den Arbeiten
des Rötteler Meisters und deshalb im gleichen Zeitstil, dem »Weichen Stil«.

Die engen Beziehungen des Markgrafen Rudolf III. zur Stadt Basel - er war Besitzer
zweier Häuser, sein ältester Sohn Otto war Domherr, ehe er in Konstanz Bischof wurde
- lassen den Schluß zu, daß der Meister der Basler Werkstatt zugehörig gewesen sein
könnte. Der Sandstein für die Arbeiten sowohl in Rötteln als auch in Basel stammte nach
Dr. Wittmann aus den Brüchen bei Steinen; das gleiche gilt sicher für die ötlinger Madonna
, deren Oberfläche noch gereinigt werden muß.

Der Erhaltungszustand der äußerst differenziert gemeißelten Plastik ist dort sehr gut,
wo nichts abgeschlagen wurde; man achte auf das Profil der Sitzbank oder auf den dünnen
Gewandsaum über dem Fuß! Demnach ist ein ursprünglicher Standort am Äußeren
der Kirche auszuschließen.

Wo stand nun diese sehr wertvolle Figur ursprünglich? Seit dem 14. Jahrhundert war
es Brauch, einen Marienaltar in jeder Kirche einzurichten. Daß die Markgrafen Marienverehrer
waren, läßt sich heute noch beweisen an dem Erhaltenen: Sowohl in Rötteln als
auch in Schopfheim standen Marienfiguren in den Kirchen, beide Konsolen mit der Darstellung
der Luna sind erhalten. Und die Grabkapelle des Bischofs Otto von Hachberg

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