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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 13
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-01/0015
Beim Lesen des Rodels muß man den jetzigen Anblick der Grenzgegend vor Basels
Toren ganz vergessen. Aecker, Gärten, Wiesen und Gehölz bedeckten das Land. Stromabwärts
liegen im Rheinbett zahlreiche mit Bäumen und Gebüsch bestandene Inseln.

Der Grundherr wohnte gewöhnlich nicht auf seinem Gut; er zog die Stadt vor, wo das
Leben angenehmer und abwechslungsreicher war. Sein Vertreter war der Meier, in der
Blütezeit der Dinghöfe der wichtigste Mann auf dem Gut. In den meisten Fällen wurde
er vom Grundherrn ernannt, in Hüningen hingegen wählte ihn die Dorfgemeinschaft.
Damit er kein Rivale des Grundherrn werde, durfte der Meier kein Adeliger sein.

Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, hatte der Hofherr das Recht, Unterkunft
im Dinghof zu verlangen. Beide Besuche mußten acht Tage vorher angekündet
werden. Der Hofherr durfte von 3 bis 13 1/2 Mann begleitet sein. (Der halbe Mann war
eine Frau, ein Knabe, ein Knecht zu Fuß; alle andern Besucher waren beritten).

Bei diesen Anlässen war den Pferden zu geben: trockener Stall, weißes Stroh bis an den
Bauch, das beste Heu und Hafer bis an die Ohren.

Dem Hofherr und seinem Gefolge wurden im Meierhof das Nachtessen und am folgenden
Tag das Mittagsmahl serviert. Für dieses Essen mußten die Tischlaken rein, die
Schüsseln neu sein. Der Speisezettel mußte aufweisen: Gesottenes und Gebratenes, Fliegendes
und Fliessendes, Zahmes und Wildes, auf je zwei Mann ein Huhn. Während der
Nacht mußten die Huber bewaffnet den Hof vor einem feindlichen Ueberfall schützen.

Der Meier war Steuereinnehmer und Richter zugleich; er zog die Hofzinsen und Gefälle
ein und ordnete die Verteilung der Jahressteuer an. Er richtet in allen den Hof betreffenden
Dingen mit Ausnahme von Diebstahl und Verbrechen, für die der Vogt zuständig
ist.

Der Vogt war in erster Linie Schirmherr des Dinghofs. Als solcher war er verpflichtet,
denen die den Hof verließen, das Geleit zu geben. Jeder Haushalt mußte dem Vogt einen
Scheffel Hafer, ein Fastnacht- und ein Herbsthuhn entrichten.

Pflicht der Huber ist es, jedesmal wenn man sie braucht, anwesend zu sein: beim Besuch
des Hofherrn oder beim Geding; so hieß die Versammlung der Huber zur Beratung
über Angelegenheiten des Hofes. Zweimal im Jahr muß jeder Huber mit seinem Gespann
dem Meier einen halben Tag Frondienste bei den Feldarbeiten leisten. An diesen
Tagen geht Ernährung der Männer sowie Fütterung der Tiere zu Lasten des Meiers; vorzusehen
sind vier weiße Brote für zwei Personen, genügend Fleisch und Rotwein. Eine
besondere Fron der Hüninger Huber bestand im Transport des auf dem Dinghof Istein
geernteten Weins mittels Booten nach Basel.

Der Hüninger Rodel ist weniger ausführlich als ähnliche Verzeichnisse anderer Dinghöfe
. Weitere Einzelheiten enthält eine Gerichtsordnung aus jener Zeit. Niemand darf in
Hüningen wohnen, wenn er die vorgeschriebenen Abgaben nicht bezahlt und dem
Grundherrn nicht Treue schwört. Die Abgaben sind um St. Martin zu entrichten. Leuten
mit schlechtem Leumund soll kein Unterhalt gegeben werden. Den interessantesten
Teil der Gerichtsordnung bilden die darin enthaltenen Klagen, die insbesondere die
Langsamkeit der Rechtsprechung in Hüningen betreffen. Geklagt wird auch darüber,
daß man nicht jedem das Seine lasse; dies geschehe so häufig, daß niemand mehr hier
wohnen wolle. Um Abhilfe zu schaffen, werden die Einwohner aufgefordert, jeden
Sonntag nach Verlassen der Kirche jede sträfliche Handlung, deren Zeugen sie waren,
bekannt zu geben. Aufgezählt werden auch die Strafen, die denjenigen treffen, der seinen
Christenpflichten nicht nachkam. Wer Beichte oder Kommunion versäumt, bezahlt
eine Geldstrafe; wer den Namen Gottes, der Muttergottes oder eines Heiligen mißbraucht
, wird, falls es sich um einen Mann handelt, ins Halseisen gelegt, muß, wenn es
eine Frau ist, am Sonntag rund um das Kruzifix gehen und bekommt, wenn es ein Kind

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