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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 39
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-01/0041
17) Gefangenenaustausch

Das Direktorium, das im Oktober 1795 die Regierung in Frankreich übernahm, führte
die Verhandlungen über die Freilassung der Prinzessin Marie-Therese-Charlotte,
Tochter von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette, zu einem guten Abschluß. Der Austausch
der Prinzessin gegen rund 15 französische Gefangene sollte in Basel stattfinden.
Während die letzten Formalitäten geregelt wurden, mußte die Siebzehnjährige die zwei
Weihnachtstage 1795 in der Hüninger Wirtschaft zum Raben verbringen.

Die Übergabe der Prinzessin durch Bacher, Sekretär und Dolmetscher der französischen
Botschaft in der Schweiz, an Baron von Degelmann, Vertreter Österreichs, fand
am 26. Dezember im Landhaus Reber außerhalb der Basler Mauern vor dem St-Johann-
tor statt. Hierauf begab sich Bacher nach Riehen, von wo er die entlassenen französischen
Gefangenen ins Hotel Dreikönig geleitete.

Uber Marie-Therese-Charlotte

Das Schicksal der Kinder des 1793 enthaupteten Königs Ludwig XVI. hat immer wieder
das Interesse der Geschichtsfreunde beschäftigt. Aber trotz gewissenhafter Forschungen
bleibt das Geheimnis um die zwei Königskinder ungelüftet. Worin besteht das
Geheimnis, oder besser gesagt, worin bestehen die Geheimnisse?

- Bekanntlich wurde die französische Königsfamilie im August 1792 in ein Pariser
Gefängnis gesperrt, aus dem nacheinander der König, die Königin und Madame Elisabeth
, Schwester des Königs, herausgeholt und zum Schafott geführt wurden. Zwei Kinder
, ein Sohn und eine Tochter, blieben als Waisen zurück.

- Der Sohn, der als Ludwig XVII. den französischen Thron hätte besteigen sollen,
starb im Gefängnis infolge schlechter Behandlung. So wenigstens lautet die offizielle
Darstellung. Eine Darstellung, an der jedoch gezweifelt wird, weil gleich nach dem Tode
des Kronprinzen das Gerücht aufkam, nicht der Sohn Ludwigs XVI. sei im Gefängnis
gestorben, sondern ein anderer an seine Stelle gesetzter Junge. Zahlreich waren dann
auch in den folgenden Jahren die Prätendenten, die behaupteten, der »wahre« Ludwig
XVII. zu sein. Der bekannteste unter ihnen war ein Graf Naundorff.

Der Fall der Tochter Marie-Therese-Charlotte liegt klarer. Sie wurde 1795 aus dem
Gefängnis entlassen und nach einem kurzen Aufenthalt in Hüningen zu Basel gegen
französische Gefangene ausgetauscht und nach Wien gebracht, wo sie nicht Freiheit,
sondern neue Gefangenschaft im Kaiserschloß erwartete. Man wollte sie mit einem
österreichischen Erzherzog vermählen; sie liebte aber die Österreicher nicht und heiratete
in Kurland, am Baltischen Meer, unter dem Schutz des Zaren ihren Cousin, den Herzog
von Angouleme, einen Emigranten. Nach dem Sturz Napoleons, in der Zeit der Restauration
, versah sie an der Seite ihrer verwitweten Onkel Ludwig XVIII. und Karl X.
die Stelle der Königin. Die Revolution von 1830 verjagte sie aufs neue aus ihrem Vaterland
, und sie starb im Exil. Alle Geschichtsschreiber, die sich mit Madame Royale - so
wurde die Prinzessin genannt - befassten, haben mit Befremden aus den Dokumenten erfahren
, wie verschieden die harte Duchesse d'Angouleme von dem zarten, lieblichen
Mädchen war, das 1795 das Pariser Gefängnis verlassen hatte. Die Vermutung lag nahe -
besonders in Anlehnung an das, was vom Bruder angenommen wurde - auch hier an eine
Unterschiebung zu denken. Die französische Geschichtsschreibung verhielt sich dieser
Annahme gegenüber sehr skeptisch. Andre Castelot, der die Frage der Kinder Ludwigs
XVI. in lebendig geschriebenen Büchern behandelt hat, findet die Unterschiebung eine
nicht ernst zu nehmende Hypothese.

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