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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 52
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Jahre dem Geniekorps als »Generaldirektor des Genie- und Fortifikationswesens« vorstehe
, und er fährt fort: »Es ist mein Handwerk, worauf ich mich vorzüglich verlegte«.
Aber alle Wissensgebiete und alle Gebiete menschlicher Tätigkeit zogen ihn an. Er besaß
eine reiche Bibliothek, und auf seinen Wanderungen und Reisen sammelte er seltene
Pflanzen und Steine. Doch befriedigte es ihn nicht, diese Dinge für sich allein zu besitzen
. Uberzeugt, daß die Erziehung die höchste aller nationalen Angelegenheiten sei,
stellte er seine Bibliothek und seine Sammlungen der Allgemeinheit durch die Gründung
des Joanneums zur Verfügung. Diese Einrichtung, Museum und Lehranstalt zugleich,
war zur Belehrung des Volkes bestimmt. Zwei Hochschulen sind aus dem Joanneum
hervorgewachsen. Aus der ursprünglichen technischen Lehranstalt wurde die technische
Hochschule Graz und aus der Bergschule für Eisen- und Hüttenkunde die Montanhochschule
in Leoben. Aber auch verschiedene Vereinigungen sind unmittelbar aus der
Gründung des Erzherzogs hervorgegangen. So z. B. die Steiermärkische Landwirtschaftsgesellschaft
, die als Ursprung dessen gilt, was seit 150 Jahren zugunsten des steiri-
schen Bauernstandes geschieht; so auch der Verein zur Förderung von Gewerbe und Industrie
. Eng mit dem Landesmuseum verbunden sind das Landesarchiv und die Landesbibliothek
.

Sichtbaren Ausdruck der Verbundenheit des Erzherzogs mit dem Volke gab dessen
Heirat mit Anna Plochl, der Tochter eines Postmeisters. Allen Versuchen, ihn zur Ehe
mit einer Tochter aus hochgestellter Familie zu bewegen, setzte Erzherzog Johann energischen
Widerstand entgegen. Er blieb dem Bürgerskind treu, obwohl sein Bruder, Kaiser
Franz I., erst 7 Jahre nach der Verlobung die Heirat endgültig genehmigte.

Zeit seines Lebens war er vom Drange beseelt, etwas für die Allgemeinheit zu leisten.
Er hatte sich zuerst der Landwirtschaft gewidmet, hatte einen Hof zu einem Musterbetrieb
gestaltet, den Kartoffelanbau im Gebirge eingeführt. Aber eine Reise nach England
, dem damals bedeutendsten Industrieland, ließ ihn erkennen, daß wirklicher Wohlstand
nur dort herrscht, wo neben Landwirtschaft auch Bergbau und Industrie betrieben
werden. Heimgekehrt, setzte er sich zum Ziel, durch Einführung neuer Methoden im
Bergbau dem Lande Steiermark zum Wohlstand zu verhelfen.

Bei allen diesen Tätigkeiten verlor der Erzherzog nie den sozialen Aspekt der aufgeworfenen
Probleme aus den Augen. Er veranlasste die Gründung von Brandschaden-,
Kranken- und Sterbeunterstützungskassen sowie die Errichtung eines Kinderspitals und
wies auf die Notwendigkeit der Betreuung der verwahrlosten Jugend hin.

Seine Beliebtheit in weiten Volkskreisen, über die Grenzen der Steiermark, ja selbst
des österreichischen Kaiserreichs hinaus, erklärt, weshalb er 1848 von der Nationalversammlung
in Frankfurt mit 436 Stimmen (gegen 85 und 27 Enthaltungen) zum Reichsverweser
erwählt wurde. Er hatte die Folgen der Französischen Revolution erlebt; 20
Jahre Krieg in Europa - und war deshalb kein Revolutionär, aber er wußte auch, daß
man die Entwicklung nicht durch ein System mißtrauischer und kleinlicher Überwachung
aufhalten kann. Seine ganze Lebensführung und Lebensarbeit war auf positive
Abwehr revolutionärer Umwälzung durch fortschrittliche Aufbauarbeit eingestellt.

Die Festung Huningue war durch Vauban erbaut worden, der auf Reisen von einer
Grenze zur andern mit dem Volk stets in Berührung war - anders als der König und sein
Hof in Versailles - und dadurch begriffen hatte, daß die Monarchie den Mut zu gewissen
Änderungen aufbringen mußte, wenn sie nicht die Liebe des Volkes vollständig verlieren
wollte; 175 Jahre später wurde die Festung von einem Manne zerstört, der auf dem Gebiet
des Festungsbaus nicht mit Vauban verglichen werden kann, der aber dem Verfasser
der »Dirne royale« durch das tiefe Begreifen der Notwendigkeiten seiner Zeit verwandt
ist.

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