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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 174
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-01/0176
Hier der Bericht des heute im Ruhestand in Weil am Rhein lebenden Walter Kettner:

»Von 1939 bis 1941 war ich Soldat bei der Infanterie und machte den Frankreichfeldzug
mit. Im Jahre 1941 wurde ich von der Reichsbahn angefordert und von der Wehrmacht
u. k. gestellt. Als Elektriker fand ich bei der Fahrleitungsmeisterei in Schopfheim
Anstellung. Meine Aufgabe war die Unterhaltung und Kontrolle der Fahrleitungen.

Durch das Bahntelefon wurde am frühen Vormittag des 24. April 1945 die Fahrleitungsmeisterei
in Schopfheim von Hasel aus verständigt, daß die Wehrmacht beabsichtige
, am Nachmittag den Tunnel vom Eingang Hasel aus zu sprengen. Als dieser Anruf
kam, befand ich mich mit meinen Kollegen Emil Fritz und Walter Sutter in der Werkstatt
der Fahrleitung. Wir waren von der Meldung der beabsichtigten Sprengung des Tunnels
bestürzt und sehr beunruhigt. Da wir drei sehr freundschaftlich verbunden waren und
ein jeder sich auf den anderen fest verlassen konnte, haben wir nach kurzer Beratung gemeinsam
beschlossen, unter allen Umständen diese Wahnsinnstat zu verhindern. Für
uns kam nur ein Durchschneiden der Zündleitungen in Frage. Durch unsere Arbeiten -
auch im Tunnel - wußten wir natürlich ganz genau, wo die Zündkabel angebracht waren.
Sie führten vom Eingang des Tunnels von der Haselseite aus etwa 100 Meter in den Tunnel
zur Sprengkammer. Hermann Sutter hatte seinen Bahnbus, der der Personenbeförderung
diente, draußen vor der Werkstatt stehen. Wir beschlossen, mit diesem zum Tunneleingang
nach Hasel zu fahren. Dort angekommen, mußten wir feststellen, daß das
Sprengkommando der Wehrmacht unter Führung eines Offiziers schon da war.

Da war guter Rat teuer. Trotzdem stiegen wir aus dem Bus. Wir wurden sofort von
dem Offizier angesprochen mit den Worten: »Was habt ihr hier zu suchen, verschwindet
sofort!« Wir erklärten ihm, daß wir Reichsbahnbedienstete seien und den Auftrag hätten
, das Trennmesser der Fahrleitung im Tunnel zu öffnen, d. h. die Bahnstrecke Schopfheim
- Wehr stromlos zu machen. Sollte dies verhindert werden, würde für die Reichsbahn
auch für den militärischen und zivilen Transport im Bereich des ganzen Wiesentals
ungeheurer Schaden entstehen.

Das stimmte natürlich alles nicht und war nur der Vorwand, das Sprengkommando zu
täuschen, da dieses, wie wir feststellen konnten, überhaupt keine Ahnung von den elektrischen
Fahrleitungen hatte.

Schließlich wurde uns erlaubt, in den Tunnel hineinzugehen. Eine Drahtzange hatte
Hermann Sutter in seiner Hosentasche versteckt. Aber leider hatten wir in der Eile vergessen
, eine Leiter und Taschenlampen mitzunehmen. So blieb uns nichts anderes übrig,
als hineinzugehen und unser Vorhaben auch ohne diese Hilfsmittel durchzuführen. Zum
Glück konnten wir infolge eines schwachen Lichtschimmers die Zündkabel, die ziemlich
hoch im Tunnel montiert waren, erkennen. Hermann Sutter war von uns dreien der
Kräftigste und Größte. Er nahm daher Emil Fritz auf seine Schulter, dann kletterte ich an
den beiden hoch und konnte so an die Zündkabel herankommen und sie mit der Drahtschere
durchschneiden. Wir verließen dann wieder den Tunnel und wollten uns mit unserem
Bahnbus schnellstens davonmachen. Doch bevor wir den Bus erreichten, wurden
wir vom Sprengkommando aufgehalten, sei es, daß das Sprengkommando mißtrauisch
geworden war und Verdacht schöpfte, oder aus einem anderen Grund - wir wußten es
nicht. Jedenfalls sollte zunächst einmal der Bus beschlagnahmt werden. Nach einer längeren
Diskussion konnten wir den Offizier von der Wichtigkeit unserer Anwesenheit in
der Fahrleitungsmeisterei Schopfheim überzeugen. Wir durften mit dem Bus in die
Werkstatt nach Schopfheim zurückfahren. Es war eine große Erleichterung für uns drei,

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