Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 180
(PDF, 35 MB)
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Sprachbeiträge

Chr. M. Vortisch

Schoßkind und Hebamme

Als Wörter von alter rechtlicher Bedeutung im familiären Bereich sind schon einmal
die Bezeichnungen »Busen« und »Schoß« genannt worden. Dazu muß ergänzt werden,
wie sie gebraucht wurden. Sonst wäre das schwer verständlich, wie richtig reklamiert
wurde.

Beim Busenfreund ist noch ziemlich klar, daß der nächste Freund gemeint ist. Mit
Schoßkind nun kam zum Ausdruck, daß es, obwohl vielleicht an Kindes Statt angenommen
, doch dem eigenen (Schoß)-Kind gleichberechtigt war. Der Begriff macht gleichzeitig
deutlich, welche Verantwortung die Zieheltern damit übernommen haben. Das Wort
ist übrigens ganz wörtlich gemeint: Der Vater setzte sich dieses Kind auf den Schoß. Im
Mittelalter ist dieser Brauch in den höchsten Adelskreisen zu beobachten.

In diesen Bereich gehört auch das Wort »Hebamme«, das mit der Amme nichts zu tun
hat. Das Wort konnte auch »Hebmutter« heißen, was verdeutlicht, daß es ursprünglich
Heb-Ahne geheißen hat. Die Frau, die geholfen hat, die Kinder zur Welt zu bringen,
war ursprünglich meist die Großmutter, später - schon im 15. Jahrhundert — eine ältere
Frau aus der Generation der Großmütter, eine Ahne, also die Heb-Ahne. Diese Frauen,
früh schon in ihr Amt von der Frauen-Gemeinde gewählt, hatten großes Ansehen im
Ort, man nannte sie mit Grund »weise Frauen». Nicht nur ihr Alter und ihre Tätigkeit
machten sie dazu. Denn sie mußten vor allem auch Lesen und Schreiben können, und das
schon im 16. Jahrhundert. Sie wurden von den Landmedici- den damaligen Amtsärzten
- geprüft. Dazu gab es Bücher mit ärztlichen Anweisungen und eine richtige
Hebammenordnung. In schwierigen Fällen hatten sie den Arzt zu verständigen. Etwas,
was die Hebammen gleich nach dem Baden des Kindes tun mußten, das war, sie einzuwickeln
. Die armen Kleinen konnten dann nur noch schreien, aber mit Beinen und Armen
nicht mehr strampeln. Zeitenweise gab es kirchlichen Streit darüber, ob man die
Kinder eingewickelt oder ausgewickelt taufen müsse. Wegen der Wickelsitte (aber nicht
wegen der eingewickelten Taufe) heißt es »jemanden einwickeln«, wenn man ihm mehr
oder weniger reell eine Meinung beibringen will, die er nicht hat, ihm gar nicht nützt
oder ihm gar schadet.

Brief und Siegel, Kind und Kegel

Die Redensart, man könne auf etwas »Brief und Siegel« geben, ist bis auf den heutigen
Tag gebräuchlich, wenngleich kaum jemand noch irgend etwas siegelt, also mit einem
Siegel bestätigt oder sichert. Siegel kommt vom lateinischen sigillum und ist, weil es etwas
Geschriebenem seit dem frühen Mittelalter die Richtigkeit, die rechtliche Bedeutung
bestätigt hat, von so großer Wichtigkeit geworden, daß wir sie dem Doppelwort auch
heute noch zumessen. Diese »Briefe« waren ja ursprünglich auf Pergament geschriebene
Urkunden, etwas anderes Geschriebenes bekam der gewöhnliche Sterbliche ja nicht zu
sehen. Es gab Adelsbriefe, Lehenbriefe auch für größere Bauern, Briefe mit Siegel. Mit
dem Aufkommen des Papiers, das nun jedermann zum Beschreiben auch für einfache
Nachrichten benützen konnte, erhielten auch weniger wichtige Dokumente, wie

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