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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 1.1987
Seite: 192
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-01/0194
Willi Thoma: Europa-Park Freizeit und Kultur.
Eine Herausforderung. Waldkircher Verlag, Waldkirch.
60 S., mit 18 ganzseit. Farbfotos. Format ca. 21 x 21 cm. DM 24,—.

»Der Autor, Rechtsanwalt Dr. Willi Thoma ... ist der langjährige Rechtsberater des Europa-
Parks...« heißt es u. a. in einer Nachnotiz des herstellerisch solid und attraktiv aufgemachten Bandes
.

An Rust kommt in den letzten Jahren kaum einer noch vorbei: kaum einer mit Auto und Familie
und kaum einer im entsprechenden Freizeitomnibus. 12 Millionen Besucher des Europa-Parks in 11
Jahren, davon nahezu ein Drittel jeweils Schweizer bzw. Franzosen; zudem u. a.: »In der jährlichen
Sozialwoche« haben nahezu 80 000 behinderte Kinder und Erwachsene den Park besucht! Und ferner
: rund 70 Millionen DM haben die heutigen Inhaber in den Rüster Europa-Park bisher investiert
!

Der Rez. hat die Anfänge des Unternehmens anno 1974 aus eigener Anschauung kennengelernt.
Damals wußte man noch nicht so recht, wohin und wohinaus das Ganze wollte. Doch nach Verkauf
der »Balthasarburg« an die Brüder Mack aus Waldkirch im Jahre 1977 hat das alles eine geradezu
stürmische und bewußt gelenkte Entwicklung genommen. Schade, daß es keinen Geschichtsabriß
im vorgelegten Band gibt: so muß man desto intensiver zwischen den Zeilen lesen. Das heutige Rüster
Schloß stammt aus dem 16. Jahrhunden, die Familie Böcklin von Böcklinsau war lange Jahrhunderte
in dieser stattlichen Wasserburg ansässig. Zusammen mit dem von der Schloßterrasse aus
architektonisch geschickt einsehbaren »Englischen Garten« bildet es das »Herzstück« des Ganzen.
Mehr ein Leib- und Magenstück bzw. Gegenstück die darin dargebotenen »Rittermahle«: »Im 160
Plätze fassenden Schloßrestaurant werden die Gäste von Bediensteten in Originalkostümen zur zeremoniellen
Händewaschung aufgefordert und erhalten als Begrüßungstrunk Met in Hörnern! serviert
. Jeder Gang des dreistündigen Rittermahles wird vom Herold angekündigt. Gegessen wird
wie in alten Zeiten nur mit dem Messer.« Wohlweislich oder auch ungeschickterweise nimmt der
Verf. hierzu keine Stellung, so daß sich der Leser nicht darüber im klaren ist, ob das alles nur ernst
oder im Huizingaschen Sinn des »Homo ludens« als »Spaß an der Freud« zu nehmen ist.

Im übrigen holt der Autor weit aus. Horazens »Tempus fugit...« sowie das Circensische der Antike
werden ebenso miteinbezogen wie Europa- und USA-Impulse (Disney begreiflicherweise als
Spitzenreiter!); sodann ist von der bald 200jährigen Tradition der Macks die Rede: Karusselbauer,
Orgelfabrikanten - Querverbindungen zu halb Waldkirch und was mehr. Danach exaktes Eingehen
auf die verschiedenen Architekturen und ihre spezifischen Landschaften: Flair in Renaissance und
Barock, Kirmes in allen Kunstimitationen quer durch Europa und noch mehr, Attraktionen hautnah
und greifbar, erlebbar »zwischen den Elementen von Wasser und Land« und ebenso auf einem
holländischen Marktplatz wie mit Piraten in Batavia oder auf Abenteuerfahrt durch Niederlän-
disch-Ostindien. Gelegenheit zu Stegreif- und anderen Märchen- und Schauspielaufführungen;
»Ausstellungen und Informationen für jedermann«; immer wieder doziert es der Verf., daß sich
hier Europa gemeinsam erleben läßt. Daran knüpft Thoma nunmehr seine aufschlußreichen, wenn
mitunter auch etwas fraglichen Theorien einer Alternativ-Spiel-Kultur an, die freilich im Gegensatz
zu den landläufig linksstehenden und linksgerichteten diesbezüglichen Anschauungen stehen mögen
. Seine Frage nach der Faszination des Rüster Europa-Parks wird von ihm keinesfalls mit einem
»Panem et circenses« und auch nicht mit bloßen Disney-Parallelen beantwortet. Er verweist auf den
Prater, auf den Luna- und Tivoli-Park und will das alles nicht zuletzt als eine Art Weiterführung solcher
Vergnügungs- und Märchenwelt - freilich unter Einbeziehung technischer Mittel und Auto-
matisationen - sehen. Am interessantesten in diesem Zusammenhang seine Hinweise auf die groß-
teils ehemals in Waldkirch gebauten Musikorgeln mit ihren figuralen und automatisch-mechanisch
beweglichen Figuren und Figürchen. Zitate (von Chagall bis Goethe und von Homer bis Schnitzler
!) erhärten und untermalen das Gesagte. Ulrich Damrau, der von den Macks beigezogene Architekt
und Maler, wird wiederholt detailliert gewürdigt und dann und wann auch mit der Grenze des
Erreichten und Gegebenen entschuldigt. Freilich hätte man lieber über die Geschichte und topographische
Anlage des Ganzen mehr erfahren wollen...

Das Historische kommt andrerseits dort nicht zu kurz, wo es im Malerischen bzw. Architektonischen
genügend in Erscheinung tritt. Hierher gepilgerte Franzosen fühlen sich ohne weiteres an ihre
Loireschlösser und deren heutige Kulturverwertung erinnert. Das Atmosphärische kommt weder
in der Realität des Europa-Parks noch in den Ausführungen Thomas zu kurz. Und es ist begreiflich,
daß die Aufzeichnungen mit den Eindrücken einer Turmauffahrt (auf den 75 m hohen »Euro-
Turm«) dahinaus schließen: »Er (der Parkbesucher) wird durch einen herrlichen Panoramablick
von den Vogesen bis zum Schwarzwald belohnt...« Der Colmarer Altoberbürgermeister Rey findet

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