Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 38
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0040
Sein Bericht lautete:

"Hochlöbliche Kaiserlich Königlich Vorderöstreichische Regierung und Kammer!

Die Hohe Landesstelle hat unterm 26. Juny letzthin, und Empfang 4. dieses dem zu
Ende Gefertigten Kreis-Schul- Kommissär aufzutragen geruhet:

"dass er die Schule in Eichsei sogleich visitiere, die Gebrechen behebe, und wenn die
wider den Schulhalter Joseph Lisenfeld Hochdaselbst eingereichte Klagen, dass er
seine Schuljugend zweckwidrig unterrichte, gegründet seyn, binnen 4 Wochen den Bericht
darüber sammt dem Vorschlag Hoch da hin erstatte: Wie allenfalls durch Anstellung
eines Gehilfen die Schule verbessert werden könne?"

Diesen hohen Auftrag zu erledigen, reisete der Gefertigte abends den 10. dieses nach
Eichsei, und vormittags den 11. visitierte er die Schule im Beysein des Herrn Ortspfarrers
Joseph Martin, des Stabhalters und eines Deputierten aus jedem der eingepfarrt
und eingeschulten 4 Ortschaften Obereichsel, Niedereichsel, Adelhausen und Rap-
perswil. Bey dieser Visitation hat es sich gezeigt, dass der Schulhalter Lisenfeld nicht
so fast zweckwidrig, sondern ganz und gar - nicht unterrichte.

Unter 124 Schülern findet sich kein einziger, der nur die Buchstaben auf der geschriebenen
Buchstabier-Tabelle kennet; eine Schrift zu lesen, davon ist nur gar keine Rede.
10 Knaben und 9 Mädchen sind einzig, die etwas, aber auch die Besten davon weit unter
der Mittelmäßigkeit schreiben.

Rechner sind 5 Knaben wovon der Beste höchstens mit 2 Zahlen zu dividieren weiss,
und dieses nur in ungenannten Zahlen. Von genannten Zahlen, von Geld, Gewicht und
Maß, hat Lisenfeld nie erwähnet. Mägdchen weiß nicht eines von der Rechnung was.
So schlecht nun der Unterricht ist, so schlecht sind auch die Sitten der Eichsaler Jugend
, und, Was Wunder?

Lisenfeld als abgekommener Feldscherer pfuschet noch immer in der Chyrurgie,
macht den Empiriker, schwärmt mit der Lanzette und Barbierschüssel im Lande herum
und endigt sein Tagwerk auf der Zechbank, von der er nicht wieder aufsteht, bis er voll
auf ist. Eine Wirkung davon war am Visitazionstage an seiner Nase, die er am Vorabende
im Weintaumel um Stein und Erde schlug, sehr karakteristisch ausgezeichnet.

Indessen Lisenfeld alle diese Künste ausübet, ist sein 18 jähriger Bub, Schul- u. Sittenlehrer
, und Meßner zugleich. Dieser lose Bub versteht von der Lehrart nichts, ist in
dem Grade des Vaters Maniacus, und, was das schlimmste ist, setzet er den noch unschuldigen
Schulmägdchen nach - dieß letztere sagt ein sehr ehrlicher, christlicher
Mann, der nahe an dem Schulhaus wohnet.

Gleich nach der Visitazion berief der Untersetzte Lisenfeld zu sich, verhob ihm seine
unverantwortliche Nachlässigkeit, und sagte ihm, dass die heutige Visitazion auf besondern
hohen Befehl, und warum vorgenommen worden sey. Hauptsächlich ward ihm
bey schwerer Regierungsstrafe verbothen, seinen Sohn ferner auch nur über die Türschwelle
des Schulhauses zu lassen. Er antwortete: Er sey ein alter Mann, und nicht
mehr im Stande dem Schuldienst besser, als bis umzu vorzustehen, und dass sein Sohn
statt sich auf die Lehrart zu verlegen mit jedem Tage lasterhafter werde, und keine Besserung
hoffen lasse, gräme ihn eben bis in den Tod; Helfen könne er nicht, und darum
lasse er sichs gefallen, was heute zwischen Kommission und der Gemeinde seiner wegen
werde abgeschlossen werden. Er mache nur das Ansuchen, nachmittag verreisen
zu dörfen, um morgen der Beerdigung seines Schwiegervaters beywohnen zu können.

Nachmittag erschien der Stabhalter mit 13 Bürgern der oben benannten eingepfarr-
ten Orten. Diesen eröffnete der Kommissär sein Commissorium, und hernach setzte er
die zwo Fragen. A) Ob, und wer sich in der Pfarrei finde, der dem Schulhalter zum Nut-

3s


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