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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 123
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0125
Gedanken über die religiöse Kunst bei Rudolf Scheurer

Gerhard Moehring

Hinter jedem Kunstwerk steht ein Mensch, der es geschaffen hat, ein Mensch mit allem
, was er besitzt an handwerklichem Vermögen und an innerer Schaukraft, ein
Mensch, an dem Abstammung. Landschaft und Geschichte geformt haben, ein
Mensch, der in den Stil seiner Zeitstufe hineingeboren wurde. In der Entwicklung eines
Künstlers schreibt aber auch das jeweilige Lebensalter, schreiben die Stufen seiner eigenen
Reifung und seiner Bildung einen sich wandelnden persönlichen Stil vor, der gewisse
Bereiche von Ausdrucksmöglichkeiten abgrenzt, innerhalb derer der schöpferische
Mensch immer noch frei ist. Phasen der Versuche, gelungenen Ausdrucks und der
wieder eigenen Verwerfung begangener Wege lösen einander ab.

In diesem Jahr sind es gerade 30 Jahre, daß Rudolf Scheurer den gewagten Weg als
freischaffender Künstler betreten und seither sich mit einer breiten Palette seines bisherigen
Schaffens der Öffentlichkeit stellte. Begonnen hat sein Weg mit einer Lehre als
Steinbildhauer. Erste Anregungen, handwerkliche Kenntnisse und vor allem die Lust
dazu erfuhr er bereits im väterlichen Geschäft für Grabmalkunst. Nach dem Besuch
des humanistischen Gymnasiums in Lörrach waren Basel, Linz (bei Prof. Walter Ritter
) und Paris seine ersten Stationen in der Begegnung mit der großen Welt der Kunst
und begnadeten Lehrmeistern. Zu den letzteren gehört auch Prof. Wolfgang von Versin
, der ihn mit den Grundzügen der Architektur vertraut machte, ein Studium, das für
einen Bildhauer wie Scheurer unentbehrlich ist, vor allem im Bereich der religiösen
Kunst. Gerade hier in Kirchen, Kapellen und auf Friedhöfen folgt das gelungene Werk
nicht nur den Gesetzen der eigenen Proportion und Harmonie. Der rhythmische Wechsel
von Größen und Kräften, von Schwingung und Gerade, von Schräge und Senkrechte
, von Nähe und Weite fordert auch seinen Bezug zum umgebenden Raum oder
der freien Natur.

Dafür hat Rudolf Scheurer seinen Blick auch bei zahlreichen Studienreisen geschärft
, geweitet, geöffnet. Die Maßstäbe, die er sich dabei setzte, beschränken sich
nicht allein auf seinen Kulturkreis, dem er sich in seiner Grundauffassung wohl verpflichtet
fühlt. Ägypten. Orient, Indien. Nepal, Kambodscha, Ceylon, Japan, USA
und Kanada sind mit ihren Kulturen und ihren Traditionen für ihn Offenbarungen gewesen
, die auf ihre Weise wieder Eingang gefunden haben in den zahllosen Arbeiten in
Stein. Holz, Beton, Glas, Ton oder im Aluminiumguß. Letzterer wurde zu einem bevorzugten
Material, das nicht nur den Reiz neuerTechniken in sich birgt und die modernen
Werkstoffe unserer Zeit repräsentiert, sondern in der Art seiner Bearbeitung, seinen
neuen Möglichkeiten. Gegensätze zu schaffen zwischen der Schöpfung Gottes und
den - wenn auch bescheidenen - Versuchen, es ihm gleich zu tun, über die hergebrachte
Plastik hinausweist und so künstlerisches Neuland erschließt.

Auch in der einem religiösen Thema gewidmeten Skulptur ist für Rudolf Scheurer
dennoch Holz. Stein. Glas. Beton und Aluminium gleichwertiges Material, wenn es
darauf ankommt, in Bezug zu der jeweiligen Umgebung die richtigen Akzente zu setzen
. Dabei erkennt man bald, daß sich Flächen und Formen, die sich wie mit der Empfindsamkeit
und Freiheit lebendiger Organismen entwickeln, doch auch zugleich jener
Strenge unterworfen bleiben, die Funktion und Zweck des Organischen lenkt. Dieser
Funktion nachzuspüren, ist eines der Elemente in Rudolf Scheurers Kunst, auch der religiös
bezogenen. Wie kaum ein anderer umgibt sich daher der Künstler mit Pflanzen

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