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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 150
(PDF, 35 MB)
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uns das oft vorgestellt und natürlich gewünscht haben. Wie sagte Pfarrer Gnirs bei der Beerdigung
des Dichters auf dem Maulburger Bergfriedhof im März 1960? "Dieser Burte in
der Anfechtung, dieser Mann im Widerspruch, dieser Mensch, der auch irrte, der steht uns
näher als derjenige, der fest zu stehen meint."5) - Burte hat also etwas Widersprüchliches
an sich, etwas Janusköpfiges. Wem dieses Bild zu hart erscheint, der mag ihn "vielschichtig
" nennen - wobei man eben auf "Schichten" stößt, die uns erschauern lassen. Doch das
ist nun die Frage: Berechtigt diese Tatsache dazu, dem Dichter "das Recht auf Gehör" zu
verweigern, wie es Professor Thürer formuliert hat? Nein, meine ich! Es bleiben genug
"Schichten", die, wenn wir aufmerksam hinhören, unser inneres Ohr in Schwingung versetzen
: einmal leise und zart, dann gewaltig-donnernd, dann wieder versonnen-schlicht
und erneut wuchtig-strömend. Dieser Dichter hat das Recht auf unser Gehör!

Ich möchte nun mit je einem Beispiel etliche der "Schichten" im Werk des Dichters Hermann
Burte deutlich machen, wobei dies natürlich eine sehr subjektive Sicht sein wird und
keinen Anspruch darauf erhebt, alle Schichten - von den dunklen jetzt abgesehen, die ja
oben zur Sprache kamen - aufgedeckt zu haben. - Zwei Schichten werde ich nicht belegen:
Einmal die "dramatische Schicht". Man müßte eine Passage aus einem von Burtes Dramen
mit verteilten Rollen lesen oder gar aufführen. Das würde den Abend sprengen. Zum
andern erwähne ich das, was ich die "europäische Schicht" nennen möchte, die sich in Burtes
Übersetzungen von Shakespeare-Sonetten. Voltaire-Texten und französischen Gedichten
aus vier Jahrhunderten niederschlug. Letztere sind in dem erstmals 1949 erschienenen
Band "Adler und Rose" (Neuauflage 1966) vereinigt. Hier müßte mehrsprachig vorgetragen
werden, was sich im Rahmen dieses Abends nicht durchführen läßt.

Die erste Schicht, die in Burtes dichterischem Schaffen aufgezeigt werden soll, ist die
der Heimatverbundenheit. Ein Zeugnis dafür ist vor allem der 1923 erschienene Gedichtband
"Madlee", von dem der Dichter selber sagte, er "wollte mit ihm seinem Volke in der
Heimat ein Geschenk machen, gewissermaßen eine Gegengabe für.alles, was sie ihm in
der Jugend so reich geschenkt hatte". - An dieser Stelle muß aber betont werden, daß Hermann
Burte kein "Heimatdichter" war, wie er - wohl meist aus Unkenntnis seines dichterischen
Gesamtwerkes - so oft bezeichnet wird. Dafür ist das Vorhandensein der "dramatischen
" und der "europäischen Schicht" in seinem Schaffen der beste Beweis! Auch Rupert
Gießler legte Wert auf eine klare Definition, wenn er zum Tode Hermann Burtes 1960
schrieb: "Es ging ihm (Burte) dabei um mehr als um die schöne und gesegnete Heimatlandschaft
und ihre äußeren Formen und Gestalten, die durch Natur und Geburt nahe waren
, er wollte die geistige Heimat retten. Das will sagen, daß Hermann Burte, so sehr er
zeitlebens seiner engeren Heimat verbunden blieb und so sehr er aus ihr die Kraft und die
Bilder zog, nicht ein 'Heimatdichter' in begrenztem und beschränkendem Sinne war.'t6)

Als Probe der alemannischen Lyrik Hermann Burtes folge hier das großartige Gedicht
"Rebland, Webland, Lebland":

Rebland. Webland, Lebland

Isch das my Land vom Blaue bis an Rhy?
Voll Aichwäld, Waizefäld un goldene Räbe,
Wo an de Halde wachst en edleWy
Un bringt in Lüt un Land e lieblig Läbe?
Das isch my Rebland, jo, voll Sunneschy,
E linde Luft goht in de dunkle Bäume,
Es glänzt e Pflueg. e Glocke lütet näume.
Die stille Dörfer schlofe rüeihig ii.

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