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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 24
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0026
»Hexenwerkg« in Schliengen

Martin Keller

Das Gebiet der Hexenprozesse ist weit, und in neuerer Zeit nehmen die Veröffentlichungen
über das Hexenwesen ein beinahe unübersehbares Ausmaß an. Allgemeine
Betrachtungen und Deutungsversuche dieser Erscheinung sind wichtig, ebenso wichtig
aber ist es, die Akten einzelner Hexenprozesse zu ergründen. Nur anhand solcher Einzelfälle
können wir die unheimliche Stimmung erspüren, die durch Untersuchung und
Prozeß alle Beteiligten erfaßte.

Bevor über einen Prozeß, der 1579 eine Frau aus Schliengen betroffen hat, berichtet
wird, ist es angezeigt, einen Abriß über das Gebiet des Hexenwesens zu geben.

Der Glaube an Zauberei und Hexerei ist sehr alt, und auch das Christentum vermochte
nicht, ihn auszulöschen. Kirche und Herrscher waren sogar gegen Zauberei
auffallend nachsichtig, solange dabei nicht die Hilfe des Teufels angerufen wurde und
kein erheblicher Schaden entstand.

In der christlichen Kirche wurde der Hexenglaube bedeutsam, als sie ihn im Kampf
gegen andere christliche Glaubensformen einsetzte. Dies war namentlich bei den Albi-
gensern in Südfrankreich der Fall. Wohl hatte ein Kreuzzug von Papst Innozenz III.
(1198-1216) die sichtbare Kirche der Albigenser zerstört, sie lebte aber im Untergrund
weiter. Papst Gregor IX. (1227-1241) schuf darum die Inquisition (inquirere = erforschen
), eine kirchliche Gerichtsbarkeit, deren Aufgabe es war, Ketzer aufzuspüren.
Nach und nach wurden die Verfolgten immer abscheulicherer Verbrechen bezichtigt,
die man nachzuweisen suchte. Das gab dem Hexenglauben Auftrieb, wie er dann während
Jahrhunderten in Europa galt: Hexen seien Frauen und Männer, von Gott abgefallen
, demTeufel huldigend. In Satans Auftrag schädigten sie Mensch,Tier und die Frucht
des Feldes. Am Hexensabbat, so glaubte man, wurden sexuelle Orgien zwischen Menschen
und Teufeln gefeiert und Kinder verspeist.

Die Inquisition unterstand unmittelbar dem Papst, handelte wie eine Geheimpolizei
(etwa unseres Jahrhunderts) und nahm auf die weltliche Rechtspflege keine Rücksicht:
Sie griff auf Grund von Anzeigen und Verdächtigungen ein, die vor dem Verfolgten geheimgehalten
wurden, so daß er sich nie einer klar geäußerten Anzeige gegenüber sah,
deren Richtigkeit ihm vom Gericht bewiesen werden mußte. Vor und während der Folter
(12521' in den Inquisitionsprozeß eingeführt) wurden Verdächtigungen geäußert, deren
Geständnis die Inquisition zu erpressen suchte. Zugleich wurde Wert darauf gelegt,
vom Opfer neue Verdächtigungen und Anzeigen anderer "Hexen" zu erreichen. Falsche
Aussagen über sich und andere waren unter Folterqualen häufig erhältlich, und es
wurden die unmöglichsten Dinge "gestanden".

Landesherren, kirchliche Würdenträger und Gelehrte wehrten sich gegen die Inquisition
(sie war anfangs den Dominikaner- und Franziskanermönchen übertragen) - sie
blieb bis 1420 auf Südfrankreich (Hauptverbreitungsgebiet der Albigenser undWalden-
ser) beschränkt. Dann breitete sie sich auf die heutigen Gebiete Mittel- und Nordfrankreichs
und der Schweiz aus. 1446 erreichte die Inquisition mit ihren Hexenanschuldigungen
deutschen Boden. 1484 sorgte der frisch gewählte Papst InnozenzVIII. mit der
Bulle "Summis desiderantes" für die Ausbreitung der Inquisition in Deutschland.

Grauenhafte Verfolgungen der vermeintlichen Hexen setzten ein, die nun auch von
den weltlichen Gerichten betrieben wurden. Man muß die Opfer der Hexenprozesse

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