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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 63
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0065
Zerstörung der Synagogen -
50 Jahre danach

Paul Rothmund

Der Vortrag wurde im Rahmen einer Gedenkfeier zur "Reichskristallnacht" 1938 de:^
Gymnasiums Rheinfelden und - verkürzt - bei der Gedenkfeier der Stadt Lörrach unc
des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 9. November 1988 in Lörrach gehalten.

Beim Landratsamt Lörrach wurde am 18. November 1938 in der Registratur eine Aktennotiz
verfertigt mit dem Wortlaut:

"Notiz.

Die Synagoge in der Stadt Lörrach wurde am
10. November 1938

von Angehörigen der NSDAP. Ortsgruppe Lörrach, zerstört.
Eine Meldung hierüber wurde nicht vorgelegt."1'

Das ist der amtliche Niederschlag eines ungeheuerlichen Geschehens, mit dem wir
uns heute befassen, das uns erschütten und bedrückt, das uns heute noch - nach 50 Jahren
- erschreckt und unverständlich erscheint.

In der Wohnung eines bekannten Lörracher Juden läutete am Donnerstag, den 10.
November 1938, morgens zwischen 4.30 und 5 Uhr ein Gestapo-Beamter, so wurde es
mir von einem Augen- und Ohrenzeugen geschildert. Der Beamte machte den jüdi
sehen Mitbürger darauf aufmerksam, daß mit Ausschreitungen gegen die Lörrachei
Synagoge zu rechnen sei. Er möge die Kult- und Wertgegenstände der jüdischen Gemeinde
sicherstellen, um sie vor der Zerstörung zu schützen. Der Beamte entschul
digte sich für die Vorfälle im Reich.2'

Das ist das Zeugnis der Menschlichkeit, warnendes Mitgefühl - sogar in der Uniform
der Machthaber -. in einer Zeit der eskalierenden Gewaltherrschaft, in einer Zeit der
Furcht vor demTerror und der Anpassung.

Am Freitag, den 11. November 1938. konnte der Lörracher Bürger in seiner Heimatzeitung
, dem "Oberbadischen Volksblatt", unter der Rubrik "Stadt Lörrach und Land"
folgenden Artikel lesen:

"Auch in Lörrach schaffte sich die Empörung über den jüdischen Meuchelmord in Pa
ris Luft. Die feige jüdische Mordtat in Paris, die das Leben des Gesandtschaftsrats vom
Rath forderte, rief, wie im ganzen Reiche, auch in Lörrach große Empörung hervor
um so mehr, als hier noch eine große Anzahl Juden ansässig sind, die auch eine Syn
agoge in der Stadtmitte besaßen. Es war vorauszusehen, daß der Meuchelmord in Paris
mit dem nachfolgenden Tode des Gesandtschaftsrats vom Rath von der Lörracher Be
völkerung nicht gleichgültig hingenommen werden wird, haben doch gerade wir an dei
Grenze ebenfalls den feigen jüdischen Mord des David Frankfurter an Wilhelm Gust
loff in der Schweiz in bester Erinnerung. Am gestrigen Vormittag kam es. als das Ableben
des Gesandtschaftsrates bekannt wurde, zu Demonstrationen gegen die Juden.
Die Synagoge in der Teichstraße war das Ziel der empörten Menge, die ihrer Abscheu
über das gemeine Verbrechen verständlicherweise irgendwie Ausdruck verleihen
mußte. In kurzer Zeit war dieser jüdische Tempel ausgeräumt und dürfte der Judengesellschaft
nun nie mehr als Versammlungsort dienen. Um die Juden vor derWut der Be-

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