Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 69
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0071
3. Die ältere Forschung bis zu Baechtolds Urkundenfund (1874)

Im Jahre 1769 erschien im "IV. Stück" der 'Hamburger Unterhaltungen' eine Beschreibung
der Handschrift W aus der k.k. Hofbibliothek zu Wien, die aus dem Nachlaß des 1766
verstorbenen Literaturtheoretikers Johann Christoph Gottsched stammte.19'Aber erst 15
Jahre später lesen wir eine knappe Bemerkung zur Person und Lebenszeit des Dichters,
wenn Johann Christoph Adelungs chronologisches Verzeichnis mittelalterlicher Dichter
auch Ulrich von Zatzikhoven erwähnt: "Mir ist weiter nichts von ihm bekannt, als daß er
gegen das Ende des 12ten Jahrhunderts lebte und den Ritterroman Lancellot du Lac aus
dem Französischen des Arnauld Daniel übersetzte, welcher um 1170 lebte."20' Derselbe
Autor kommt schon 1788 wieder auf Ulrich zu sprechen, weiß aber nichts Neues über dessen
Identität zu berichten und glaubt irrtümlicherweise. "Zatzikhoven" sei eine falsche
Schreibvariante zu "Säbenhoven" und verwirrt damit zusätzlich das bisher nur in Umrissen
sichtbar gewordene Bild des Dichters.21' Erst im Jahre 1795 stoßen wir auf erste Bemühungen
, die Sprache und damit die Heimat des Lanze/er-Dichters genauer zu untersuchen
, als Erduin Julius Koch Ulrichs Sprache als schwäbisch charakterisiert.22'Aber schon
1809 unterbreitet Bernhard Josef Docen einen neuen Vorschlag zur Heimat des Dichters,
indem er, gestützt auf einen urkundlichen Beleg zu dem bayrischen Ort Zatzkoven (bei Regensburg
). Ulrich für einen Bayern hält.23' 1826 dann meldet sich Karl Lachmann zu Wort.
In einem Brief an Laßberg bezeichnet er den Autor des Lanzelet alsThurgauer und hält
dessen Sprache für "durchaus Antibairisch": "(...) er gehört nothwendig westhcherhin, an
den Rhein, nach Schwaben oder meinetwegen insThurgäu. wenn sichs sonst irgend wahrscheinlich
machen läßt. Ich habe noch nichts weiter nachgeschlagen, als was mir eben zur
Hand ist, den Index zu Neugart, und da kommt Zezinchova allerdings vor, jetzo Zezi-
ken."24'Auch in seiner Ausgabe des Iwein (1827) gibt Lachmann als Ulrichs Heimat wiederum
denThurgau an.25)

Ein Jahr später bereits wird der Dichter in Johann Adam Pupikofers Geschichte des
Thurgaus als dieser Landschaft zugehörig auch historisch integriert.26' Erst im Jahre 1833
erfolgt ein Widerspruch von Seiten Wilhelm Wackernagels, der die thurgauische Heimat Ulrichs
bestreitet und - im Rückriff auf Docen? - ihn wieder im bayrischen Raum ansiedelt,
allerdings ohne zusätzliche Beweise erbringen zu können.2'' Nach der ersten (und bisher
einzigen) Ausgabe des Lanzelet durch Karl August Hahn veröffentlicht Moriz Haupt noch
im Jahr von deren Erscheinen (1845) seine Kritik dazu und pflichtet hinsichtlich der Herkunft
Ulrichs Karl Lachmann bei.28'Auch Wilhelm Grimm nimmt 1846 denThurgau als die
Heimat des Dichters an,29' gefolgt von Franz Pfeiffer, der zwar ebenso für denThurgau plädiert
, aber darüberhinaus vermutet, Ulrich habe sich zeitweise im nördlichen Deutschland
aufgehalten.30' Eine Bekräftigung dieser These ist 1858 in Pfeiffers Rezension zur ersten
Auflage von "Des Minnesangs Frühling' zu lesen.31' Die im Jahre 1866 erschienene Dissertation
Georg Nikolaus Schillings will durch ihre Untersuchungen zur Sprache Ulrichs endgültig
die thurgauische Heimat des Dichters erweisen.32' Oskar Jänickes Kritik an Pfeiffer,
bei Ulrich gebe es keine niederdeutschen Reime, ist der letzte größere Schritt in der Forschung
bis zur 1870 erschienenen Dissertation Jakob Baechtolds.33' 1874 gelingt es diesem,
die bereits behandelte Urkunde aus dem Jahre 1214 ausfindig zu machen und dadurch
seine These, Ulrich sei einThurgauer gewesen, endgültig zu stützen.34' Nach der Publikation
der Urkunde schien die Identität des Dichters abgesichert zu sein, in der Folgezeit
konnte es verständlicherweise nur noch darum gehen, den Nachweis zu erbringen, die
französische Vorlage des Lanzelet sei vom Stauferhof zu Ulrich gelangt, und adlige oder
geistliche Herren hätten eine Art Vermittlertätigkeit übernommen. Die alemannische Herkunft
jedoch - und dies halten wir an dieser Stelle fest - wurde nicht in Frage gestellt.

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