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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 44
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0046
treter des Vereinsvorsitzenden geworden, bittet den Vorstand um besondere Rücksichtnahme.
Zitat aus dem Protokoll der Sitzung: Er "äußert den Wunsch, daß mit Rücksicht auf die vielen
infolge der Gleichschaltung den Mitgliedern der NSDAP zugefallenen Ämter und die dadurch
bedingte ungeheure Arbeit in Zukunft nur in äußerst wichtigen und dringenden Fällen der
Gesamtvorstand einberufen werden soll".31'

Zu den Vielbeschäftigten gehören insbesondere die alten Kämpfer der Partei. Ein NSDAP-
Stadtrat übernimmt im April 1933 die kommissarische Leitung der Ortskrankenkasse, ein
anderer im Mai die des wenig später aufgelösten Konsumvereins.

Bürgermeister Boos selbst drängt bald schon auf einen Aufsichtsratssitz bei den Kraftübertragungswerken
Rheinfelden (KWR). Aber weil Schweizer die Kapitalmehrheit haben, ist das
nicht so einfach.

Wirtschaftsminister Köhler bremst den Bürgermeister, der nach Karlsruhe geschrieben hat.
es sei der Aufsichtsrat noch überhaupt nicht den veränderten politischen Verhältnissen
angepaßt: der Vorsitzende Volljude und der Stellvertreter dessen Schwiegersohn und darum
(der jüdischen Ehefrau wegen) auch nicht Anhänger der nationalsozialistischen Weltanschauung
. Im März 1936 endlich wird Boos in den Aufsichtsrat aufgenommen. Und sitzt somit
wieder mit Altbürgermeister Heinrich Graser am selben Tisch.}2'

Helfer beim "Kampfbund des gewerblichen Mittelstands"

In den wirtschaftlichen Krisenjahren der Weimarer Republik hielt sich der Einzelhandel nur
notdürftig über Wasser. Er schob ein gutes Teil der Schuld auf die immer stärker aufkommenden
Kaufhausketten. Auch das Handwerk fürchtete den sozialen Abstieg oder lag zum Teil
schon am Boden. Aus dem Mittelstand insgesamt, dies ein Ergebnis der Historiker, rekrutierte
sich wesentlich die Anhängerschaft Hitlers.

In den Kreisen des Lörracher Einzelhandels, so notierte ein NSDAP-Stadtrat 1931. habe die
nationalsozialistische Bewegung noch nicht die nötige Unterstützung gefunden.33 Das änderte
sich bald. In Lörrach wird der nationalsozialistische "Kampfbund des gewerblichen Mittelstands
" im Dezember 1932 gegründet und rührt sich mächtig nach dem 30. Januar 1933. Ein
Einzelhändler ist zum Orts- und später Kreisleiter des Kampfbundes bestimmt, einige der
bekanntesten Handwerker der Stadt werben in Versammlungen für die neue Bewegung. Es
habe der Mittelstand an zwei Fronten zu kämpfen, erklärt der Ortsleiter in einem gefüllten
Wirtshaussaal: Sowohl Kapitalismus als auch Kommunismus nennt er Todfeinde, ebenso
deren "Organisation Warenhäuser. Großfdialen und Konsumvereine".^'Gegen den Lörracher
Konsumverein führt der Kampfbund ein erbittertes Gefecht. Der Ortsleiter gehört auch zu
jenem dreiköpfigen Komitee, das den Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 vorbereitet
. Im Mai wünscht er von der NSDAP-Stadtratsfraktion, sie möge den Ausschluß jüdischer
Händler von den Jahrmärkten in Lörrach erwirken.35'

Vorder Machtergreifung hat die NSDAP mit ihrer Propaganda gegen die großen Kaufhäuser
gezielt um Anhänger im Mittelstand geworben. Nach der Machtergreifung läßt sie die großen
Kaufhäuser dann doch in Ruhe, und also wird der Einzelhandel die mißliebige Konkurrenz
nicht los. Doch besser geht es ihm trotzdem, weil ja die Konjunktur nach oben zeigt und die
Kunden wieder kommen. Der "Kampfbund des gewerblichen Mittelstands" aber wird von der
Partei nicht mehr gebraucht und geht bereits im August 1933 auf in der bedeutungslosen NS-
HAGO (Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation).

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