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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 184
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0186
Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten
"Erinnerungen eines alten Ostpreußen ".
Berlin. 1989. 353 Seiten mit zahlreichen Abbildungen.
Karten. Stammtafeln der Ahnen. 11 Seiten Personenregister.

Diese Erinnerungen auf ein mehr als 90jähriges Leben verdienen eine eingehende Besprechung.
Mancher Markgräfler weiß es ja: Der Verfasser, der jetzt in Basel lebt, arbeitete zehn Jahre ("mit Ausnahme
der Kriegszeit... die unerfreulichsten" -S.317- seines Lebens) bei Hoffmann-La Roche. Grenzach. auch
begründete und führte er von 1961 bis 1979 in Lörrach ein Reinigungsuntemehmen. Im Vorspann,
unmittelbar vor der Inhaltsangabe, heißt es:

"...Ich habe Menschen gelobt und getadelt. Ich habe, was unüblich ist. ihre Namen genannt und diese
nur dann verschwiegen, wenn aus persönlichen Gründen Rücksicht zu nehmen war. Es ist mir bewußt, daß
kein Mensch wirklich gerecht sein kann: so sind auch in diesem Buch manche meiner Urteile vielleicht
falsch. Hier habe ich mich zu entschuldigen, weil ich niemandem Unrecht zufügen will."

Der Leitsatz 'Adel verpflichtet', den man in diesem Vorspann -wie fast überall im Buch- spürt, nimmt
für den Verfasserein. Die Erinnerungen bringen viele Einblicke in politische und persönliche Verhältnisse,
in die schwierige Führung eines großen landwirtschaftlichen Betriebes, schließlich in die vorletzten Tage
der deutschen Einheiten in Stalingrad, die schwere Flucht aus Ostpreußen und den Neubeginn nach dem
Kriege.

Mancher wird, auch im südwestdeutschen Raum, "so einiges" von den Dohnas wissen. Da war vielleicht
schon in frühen Bubentagen das zweibändige Buch über den 'Durchbruch der Möwe', den deutschen
Hilfskreuzer im ersten Weltkrieg, befehligt vom tapferen Kapitän Grafen zu Dohna. Dann erinnert man
sich möglicherweise des Buches von Udo von Alvensleben "Besuche vor dem Untergang". Wiesbaden.
1968. Zwei Sätze aus dem Buch dieses sehr bedeutenden Kunst- und vor allem Gartengeschichts-Kenners:

"Ein Dohna wurde als Schwager Friedrich Heinrichs von Oranien Statthalter des Fürstentums Orange
in Südfrankreich, und zwei Generationen lang wurde dort regiert: der Schlobitter Dohna war der rechte
Vetter der Kurfürstin Luise Henriette von Brandenburg und Wilhelms III. von England und der Onkel des
ersten preußischen Königs. Schlobitten und Schlodien sind die Denkmäler dieser Blütezeit und haben im
Inneren unter allen Häusern des Landes (damit ist Ostpreußen gemeint MK) ihren ursprünglichen
Charakter am reinsten bewahrt."

Schließlich über den Dohna'schen Besitz Finkenstein: "Nichts läßt sich vergleichen mit der königlichen
Ruhe und Würde, in der dies Schloß inmitten uralter Wälder und dunkler Seen über die Zeiten hinzuträumen
scheint. Es gibt einem die Idee eines in sich vollendeten, souveränen Daseins, das. nachdem alles
erfüllt ist. der Wiedervereinigung mit dem Kosmos harrt - und ein letztes Gefühl tiefster Ehrfurcht stellt
sich ein. das uns vor jeder völlig erfüllten Gesetzmäßigkeit in die Knie zw ingt."

Ob sich hierzulande mancher an Friedrich Hünenburgs lesenswertes Werk erinnert? Diesen Schriften
wäre eine bessere Verarbeitung -gerade und besonders im Markgräflerland- zu wünschen. Im Nachwort
schrieb Agnes Gräfin Dohna. Schwester 'unsres' Erinnerungsverfassers und Gattin des unter seinem
Dichtemamen Hünenburg schreibenden Dr. Friedrich Spieser. in der zweiten Auflage zu "Tausend
Brücken". Stuttgart 1954:

"Und auch das kleine Land zwischen Rhein und Vogesen. um dessen Menschenrecht und Muttersprache
willen ihr eifriger Verfechter die zweimalige Verurteilung zum Tode und alle Verfolgungen getrost
auf sich nahm, w ar ihm. dem Europäer deutscher Zunge und französischer Staatszugehörigkeit, zu einem
Symbol und zu einem Aufruf geworden: Die europäische Schicksalsgemeinschaff kann nicht begriffen
und verwirklicht werden, so lange es in diesem vermeintlich noch demokratischen Abendland jenen
unduldsamen Nationalismus gibt, der ganzen Volksstämmen mitten im Frieden die Sprache raubt und die
volkstumstreuen Menschen fort und fort in Schrecken hält."

D i e' Dohnas (die seit 1657 das erbliche Bemer Bürgerrecht -das ist. wer's nicht wissen sollte, 'mehr als
das bloße' Bürgerrecht- besitzen) sind und waren nicht nur Ostpreußen, sondern für den ganzen europäischen
Raum bedeutungsvoll. - Etw as unverständlich für den mitgehenden' Leser der Erinnerungen ist m.E.
die weitgehende Verzichtbereitschaft auf die alte Heimat: ist dies Altersabgeklärtheit' oder deutscher
Hang, das Kind mit dem Bade auszuschütten ? Diese zur Zeit in Europa oft beklatschte Haltung w äre außer
bei einem Deutschen kaum je zu finden. Trotz dieses Einwurfes:

Wir sind froh für die wertvollen Lebenserinnerungen: dem Verfasser ein herzliches 'Dankeschön' und
ein freundliches Gottwilche' im Alemannischen!

Martin Keller

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