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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 55
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0059
Spruch stellte einen völligen Sieg des Ordens in dieser Angelegenheit dar. Die Stadt mußte
den gefangenen Knecht den Johannitern überantworten und zusätzlich versprechen, niemals
mehr die Freiheiten des Ordens zu brechen.

Prinzipiell erkannten die Städte das Asylrecht an. beziehungsweise brachen es gewaltsam
nur bei schwersten Verbrechen wie Mord, was auch in Neuenburg der Fall war. Die
Empörung in der Stadt über die Flucht mußte sehr heftig gewesen sein, damit man eine so
schwerwiegende Verletzung geistlicher Privilegien in Kauf nahm.

Betrachtet man die Beziehungen zwischen Stadt und Johannitern für die Dauer des
Mittelalters, scheint man sich im wesentlichen ohne schwerwiegenden und langanhaltenden
Streit arrangiert zu haben. Allerdings nahm der Orden eine isolierte Stellung innerhalb der
Stadt ein. so daß man im Verhältnis zur Gemeinde eher von einem meist konfliktfreien
Nebeneinander als einem Miteinander sprechen kann.

Als letztes möchte ich einen Blick auf den religiösen Bereich werfen. Waren die
Neuenburger mit der religiösen Versorgung, mit der Anzahl und Abhaltung der
Gottesdienste, dem Betragen der Kleriker ihrer Stadtkirche zufrieden? Vergegenwärtigen
wir uns nochmals die große Zahl der in der Stadt lebenden und wirkenden Geistlichen und
Mönche, so scheint die religiöse Betreuung aus heutiger Sicht bestens gewesen zu sein. Der
mittelalterliche Mensch hingegen, aufgewachsen in einer zutiefst religiös geprägten Epoche,
sah dies anders. Obwohl die Besetzung zahlreicher Priesterstellen in der Hand der Stadt lag,
gestalteten sich die Beziehungen zum in der Stadt ansässigen Weltklerus im religiösen
Bereich am problematischsten. Aus dem 15. Jahrhundert überlieferte Kirchenordnungen
sind Reaktion auf Mißstände des spätmittelalterlichen Pfründewesens. Die religiöse
Betreuung der städtischen Bevölkerung sowie die korrekte Abhaltung
der Messen für Verstorbene waren nicht mehr in ausreichendem Maße gewährleistet, wenn
beispielsweise ein Kaplan mehrere Altäre an verschiedenen Orten betreuen mußte, um
seinen Lebensunterhalt zu sichern. Hier engagierte sich der Magistrat stark, ohne die
Mißstände beseitigen zu können. Beispielsweise bat man 1414 die Stadt Freiburg um
Zusendung der Kirchenordnung des dortigen Münsters. 1481 insistierte der Konstanzer
Generalvikar auf Einhaltung der Gottesdienstordnung, was offensichtlich ohne größeren
Erfolg blieb, so daß die Stadt 1487 erneut beim Bischof intervenierte. Vorläufer der
Reformation kündigten sich an.

Fragen wir abschließend nach dem Grad der Integration der Klöster, Orden
und geistlichen Institutionen in der Stadt Neuenburg. Obwohl
man Quellenverluste im Laufe der Jahrhunderte einkalkulieren muß. sprechen die weitgehend
fehlenden Konflikte im wirtschaftlichen Bereich für eine starke Position der Stadt.
Infolge der bis um 1400 anhaltenden Prosperität war die Kommune stark genug, geistlichen
Privilegien entschieden entgegenzutreten. Das Pflegerinstitut, das Gremium der "tres
person(a)e" sowie die überlieferten Bürgerrechte der Klöster beweisen, daß der Magistrat die
Kleriker weitgehend in die städtische Gemeinschaft integrieren konnte. In Neuenburg kamen
keine Konflikte um geistliche Standesprivilegien auf. da die Stadt im Vergleich zum Klerus
einfach zu mächtig war. Einblicke fehlten nur bei den Johannitern, was hier dennoch zu
einem weitgehend spannungsfreien Nebeneinander führte. Sieht man von den Problemen um
die Lage der Kommende an der Stadtmauer sowie die Verletzung des Asylrechts ab.
entstanden in Neuenburg keine größeren Konflikte zwischen geistlicher und weltlicher
Gemeinschaft, wie sie für zahlreiche andere spätmittelalterliche Städte typisch waren.
Allerdings finden wir Klagen über Geistliche, die ihre religiösen Pflichten vernachlässigten.

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