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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 65
(PDF, 33 MB)
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konnten. Verbindendes Element war der in komplizierten Blauabstufungen gehaltene
Himmel, der vor dem Druck über viele Bahnen hinweg einheitlich eingefärbt wurde. Alle
Hersteller von Panoramatapeten hatten in ihrem Sortiment auch, auf Tapetenpapier gedruckt
, die notwendigen Paneele und Rahmenelemente. Daneben gab es ganze architektonische
Systeme, ebenfalls aus Papier, mit denen man die Szenen nach eigenem Belieben
gliedern und in Rahmen fassen konnte. Ein solches aufgeklebtes architektonisches System,
etwa aus Säulen, mußte natürlich den angestrebten Effekt des Ausblicks in eine weite
Landschaft noch verstärken.

Auch in Otlingen ist ein solches System angewandt. Eine Schmalwand des Saales ist in
ganzer Breite mit aneinandergereihten Szenen beklebt. Die gegenüberliegende Wand, an der
schon ursprünglich eine Theke Platz gefunden hatte, ist mit gliedernden Säulen versehen. An
der Fensterwand des relativ großen Saales in Otlingen, für die auch die ganze Folge der Inka-
Tapete ohnehin nicht mehr ausgereicht hätte, auch durch die Fenster ungut unterbrochen
worden wäre, wählte man ein anderes System. Hier wurden auf die Pfeiler zwischen den
Fenstern die ausgeschnittenen Figuren der drei Musen der Komödie, der Musik und des
Tanzes. Thalia. Euterpe und Terpsichore. aus einem Zyklus "Apollo mit den Musen"
aufgeklebt, der ebenfalls als Tapete 1825 bei Dufour erschienen war. Die Figuren der Musen
auf hohen Sockeln stehen vor einem marmorierten Hintergrund, der entweder ebenfalls aus
marmoriertem Tapetenpapier besteht oder gleich auf Papier gemalt wurde. Angesichts der
Fimisschicht, die alle Tapeten bedeckt, war dies bisher noch nicht eindeutig festzustellen.

Die Firnisschicht auf allen Tapeten in Otlingen ist auch das größte Problem für ihre
Restaurierung. Sie wird den Beteiligten noch manches Kopfzerbrechen bereiten. Die
Tapeten sind nämlich mit einer dünnen Makulaturlage direkt auf die Wand geklebt. Die
Wand mit den meisten Darstellungen des Zyklus ist aber die Außenwand, in die. offensichtlich
verursacht durch den darunterliegenden Pferdestall und einen angebauten Schuppen, in
erheblichem Umfang salzhaltige Feuchtigkeit eingedrungen ist. Diese Wand ist so mit
Salzen getränkt, daß unter allen Umständen vor einer Restaurierung der Tapete der Putz
abgeschlagen und die Tapete dann auf einer textilen Unterlage wieder angebracht werden
muß. Während von hinten Salze in die Tapete auswanderten, wurde sie von vorn ganz
gefirnißt und zum Teil auch übermalt. Zu dieser einheitlichen Oberflächengestaltung der
Tapete gehört wohl auch die jetzt noch im Raum vorhandene grün gestrichene und mit
Schablonenmalerei verzierte Decke. Gerade das aber, die vollständige Erhaltung eines
Raumes in allen seinen Teilen, mit der Kombination verschiedener Tapetenfolgen und mit
der zusätzlichen Bemalung. macht den exemplarischen Wert des Saales in Otlingen aus.
Dank des großen Verständnisses des Besitzers dieser Kostbarkeiten ist nun nicht mehr
geplant, in den Saal eine Wohnung einzubauen. Er soll vielmehr als Saal restauriert und auf
andere Weise mit vertretbarer Wirtschaftlichkeit genutzt werden. Die Tapeten wurden von
einer Restauratorin aus dem Bereich der freien Restauratoren untersucht und dokumentiert,
die Abnahme der durch Salz gefährdeten Tapeten bewerkstelligte eine Restauratoren-Firma,
die auch die Restaurierung der Tapeten in Schwetzingen durchführt. Das Referat Restaurierung
des Landesdenkmalamtes beschäftigt sich mit Versuchen, durch die herausgefunden
werden soll, wie mit vertretbarem Aufwand die Papiertapeten entsalzt und der verbräunte
Firnis entfernt oder wenigstens gedünnt werden kann. Es besteht gute Hoffnung, daß durch
Interesse und Mitwirkung vieler Stellen der einmalige Ötlinger Saal restauriert und die
kostbare Tapete auf Dauer gesichert werden kann.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 und 3 - 8: Roger Holzreiter. 7840 Holzen. Kirchstraße 2
Abb. 2: Volker Hombach. 7800 Freiburg. Hauptstraße 15

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