Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 135
(PDF, 33 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0139
Bäume Knospen trieben: Ende Märzens blüheten die Kirschbäume: aber am 30. änderte sich
plötzlich die Natur. Der Nachmittag war erstaunlich heiß: auf den Abend kalt und die Nacht
fing mit Stürmen und Blitzen an. Der Sturm w ütete so heftig, daß er Dächer abdeckte und auf
der Straße zwei Kohlbennen umwarf: der 21. war Schneegestöber und der 1. April ebenfalls:
am 2. lag er 1/2 Schuh tief. In diesem Monat fiel noch etliche mal Schnee. In der Mitte Mai tat
ein Gewitter großen Schaden, sodaß in der Gegend von Hüningen. Weil und Riehen die Heu-
und Fruchtemte gänzlich zerschlagen war. Ausgehenden Mai war Heu-Ernte bei uns:
Kirschen hatte man genug: das Merkw ürdigste ist. daß man in Schaffhausen im Mai schon reife
Trauben hatte. Kurz: das Jahr 1822 war in jeder Hinsicht zu den heißen, fruchtbaren Jahren zu
zählen und heiß blieb es bis tief ins Spätjahr hinein.

Vom Jahr 1823 war anfangs nichts sonderliches zur rühmen: ein streng anhaltender Winter,
der bis in die Mitte des Merci dauerte, ließ niemand erraten, was man im November wußte und
erfuhr. Denn da hatte man den Segen, den die Wärme des vorigen Jahrs in die Erde gelegt, in
seiner ganzen Fülle. Alle Produkte w aren wohlgeraten und wäre der Blüte-Monat der Trauben,
der Junius. wärmer gewesen, so hätten wir einen Herbst bekommen, daß seit Mannsdenken
keiner so gew achsen ist, beides viel und gut. In diesem Jahr 1823 gerieten die Büchein so wohl,
daß sie seit 25 Jahren nicht mehr so geraten sind: jedes fingerdicke Stämmlein w ar voll, anfangs
achtete mans wenig, bis man näher erfuhr, wie nützlich das Buchöl ist. Denn wenn es kalt geölt
wird, so kommt es dem Baumöl gleich.

Zur Belehrung für künftige Zeiten will ich hier einrücken, wie mans am sichersten und
leichtesten benutzen kann: Wann die Büchein einige Reifen gehabt, daß sich die Iglen öffnen,
so näht man 2 oder drei Leintücher zusammen, bindet an jedes Ende einen Stecken, welches
2 Personen unter die Buchen halten, worauf dann ein Dritter die Buchen schüttelt oder noch
besser mit einem mit Lumpen umwickelten Prügel daran schlägt. Hat man eine Portion
gesammelt, so wirds ungedörrt gerennlet. aber auf die Öle muß es recht dürr sein. Auf der
hiesigen Öle gabs vom Druck, wozu 8 Becher geriebenes Buch erfordert wird, wenn es sonst
in der Ordnung und recht dürr war. 2 Maß Öl. Die Maß galt 10 bis 12 Bazen. Es ist zum Brennen
nicht viel: aber desto besser zum verkochen, es erniedrigte den Butter so sehr, daß man ihn um
10 bis 12 Kreuzer kaufte. Geschrieben im Dezember 1823.

Das Jahr 1824 war in Ansehung der Erzeugnisse zu den mittelmäßigen zu zählen, aber in
Ansehung der Naturereignisse zu den furchtbaren, merkwürdigen: ein langer, anhaltender
Winter prophezeite keinen guten Anfang, doch endigte er sich im Mai-Monat und der herrliche
Frühling hielt seinen Einzug erst, als er schon mitten im Geschäft hätte sein sollen. Doch
brachte dann der Sommer nach, was noch rückständig war und wir hatten einen ergiebigen
Heuet, eine mittelmäßige Ernte, gutes Öhmdet. wenig Wein und einen nassen pflütterigen
Herbst: und so hatten wir unter Abwechslung von Sonnenschein und Regen und vom Leiden
zur Freude beinahe das Ende des Monats Oktober erlebt und mancher, den schon ein Häuflein
Erde deckt, dachte: Gottlob, wir stehen am Ende eines guten, friedlichen Jahres.

Und wirklich ist seit 9 Jahren Gott sei Dank kein trübes Wölkchen am politischen Horizont
aufgegangen, aber desto mehr am natürlichen. Denn ein 14-tägiger Regen, der am 28. Oktober
seinen Anfang nahm, verbreitete unserm Lande Not. Tod und Verderben, am meisten dem
untern Teil nämlich von Offenburg abwärts. Und ein halbes Vierteljahr lang waren die
Zeitungen halb angefüllt von den traurigen Szenen, die unsere Landsleute erlitten und die ich
hier zu schildern nicht vermag. Wer es bedenkt, wenn Erdbeben. Wolkenbrüche und Sturmwinde
etwa 20 Tage lang ohnaufhörlich miteinander niederstürmen, dem wird es wahr
scheinen, wenn man ihm sagt, daß das Bächlein, das einige Tage früher konnte überschritten
werden. Häuser niederriß und Menschen und Vieh in seine Fluten begrub. Der Neckar lief 12
Schuh tiefer als anno 1817. in welchem Jahr er doch einen der höchsten Stände hatte. Die

135


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0139