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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 179
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0181
Brief von Dr. Hansjörg Sick an Johann Peter Hebel

Lieber Prälat und Landsmann Johann Peter Hebel,

da auch ich jahrelang im Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe gesessen habe und
inzwischen so alt bin wie Du. als Du zu Deiner letzten Reise nach Schwetzingen aufgebrochen
bist, sage ich Du zu Dir. Was Dir ein unerfüllter Wunsch blieb, genieße ich seit über
einem Jahr: Ich bin im Ruhestand und "mein eigener Herr im Leben".

Ich schreibe an Dich, weil man mir den "Hebel-Dank" verleihen will. Ich weiß nicht, ob
das Präsidium des Hebel-Bundes Dir hin und wieder berichtet, was sie so treiben und ob sie
überhaupt angefragt haben, ob und wem Du danken willst. Womöglich machen die Kerle das
ganz unter sich aus. Aber ich möchte nicht rotwerden, wenn ich Dir einmal in der ewigen
Heimat begegne. Deswegen frage ich Dich ganz offiziell: Bist Du damit einverstanden, daß
ich den Hebel-Dank bekomme?

Ich bin kein Markgräfler im strengen Sinn. Zwar stammen meine Eltern beide aus Lörrach.
Da aber mein Vater Pfarrer war. erging es mir wie Zigeunerkindern, ich lebte mal hier, mal
dort. Die meiste Zeit meiner Jugend verbrachte ich in einem Dorf am Kaiserstuhl. Dort
erlernte ich auch den alemannischen Dialekt. Zwar sagte meine Mutter: Das sei gar kein
richtiges Alemannisch, was die Leute dort sprechen. Das sei schon halb Elsässisch. Ein
wenig hochmütig fanden wir Kinder das damals. Aber Du kennst ja Deine Markgräfler. und
wie stolz sie auf ihr Hebeldeutsch sind.

Übrigens hat mir der alemannische Dialekt viele Jahre hindurch auch Hindernisse in den
Weg gelegt. In der 4. Volksschulklasse sagte mein Lehrer: Hansjörg. Du kommst jetzt in das
Gymnasium nach Freiburg. Vorher mußt Du noch zwei Sachen lernen: Die lateinische
Schrift und die hochdeutsche Sprache. -Mit der Schrift hatte ich keine weitere Mühe, umso
mehr mit der hochdeutschen Sprache, genauer: mit der Aussprache des CH, das die
Kaiserstühler ebenso wie die Markgräfler geräuschvoll ganz hinten im Hals aussprechen.
Immer wieder wurde ich ermahnt, mir doch dieses abscheuliche CH abzugewöhnen. War es
mein Unvermögen, oder gar eine gewisse Bockigkeit, etwa dergestalt: Wenn die in der Stadt
von mir etwas wollen, werden sie mich schon verstehen?- So blieben mir alemannische
Urlaute erhalten, bis ich Pfarrer wurde. Nach meiner Probedienstzeit als Studentenpfarrer
berichteten die Vertreter der Gemeinde dem Oberkirchenrat: Ich wäre schon recht. Nur mit
der hochdeutschen Sprache hätte ich noch gewisse Schwierigkeiten.

Diese erlernte ich erst, als ich meine Susanne heiratete. Sie stammt aus einer Hamburger
Familie. Kein Wunder, daß aus dieser Ehe Kinder hervorgingen, die zu mir sagten: Vati. Du
sprichst so komisch. Kommst Du vom Land?

Natürlich habe ich versucht, diesen Barbaren Deine alemannischen Gedichte nahezubringen
, also:

Isch echt do obe Bauwele feil?
Sie schütten eim e redli Teil
in d' Gärten abe und ufs Huus,
es schneit doch au. es isch e Gruus ...

Unser Ältester machte da eine Zeitlang mit. Aber dann sagte er in der gewählten Sprache
seiner Mutter: Vati, für heute ist es genug. Jetzt sollten wir wieder normal sprechen.- So ist
es mir ergangen, lieber Landsmann und Kollege. Und ich merke schon, wie ich ins Schwitzen

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