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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 181
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0183
Kinder womöglich: Stammt Herr Hebel auch vom Land? Leb wohl. Es grüßt Dich Dein
Hansjörg Sick.

Johann Peter Hebel antwortet:

Lieber Landsmann. Altersgenosse und Oberkirchenratskollege, es ist tatsächlich das erste
Mal, daß ich wegen des Hebel-Dankes angefragt werde. Ich wußte bisher noch nicht einmal,
daß es so etwas gibt. Aber ich denke: Du kannst die Ehrung annehmen.

Du mußt ja deswegen nicht lange Sitzungen absolvieren wie ich, als man mir die
Prälatenwürde übertrug. Auch hängt man Dir keinen Orden um den Hals wie mir, als mir der
Zähringer Löwe verliehen wurde. Schließlich brauchst Du auch nicht bei jeder Gelegenheit
zu betonen: Ich bin ein Hebel-Dank-Träger, denn es ist ja keine Ehrendoktor-Würde.-
Kurzum, mach keine Umstände. Nimm die Ehre an, sag Danke-schön und bleib ein guter
Alemanne.

Aber nun noch zu Deinen beiden Fragen:

Was Du über den Belchen schreibst, hat mich sehr bewegt. Ich merke, wie sich die Zeiten
geändert haben. Weißt Du: Als ich lebte, waren die Leute so vom Fortschritt überzeugt, daß
man ihnen die Vergänglichkeit vor Augen stellen mußte. Ihr aber lebt ja offenbar schon
fortwährend in einer Katastrophenstimmung. Da muß man noch etwas anderes sagen über
die Zukunft, die Gott für uns und unsere Welt verheißen hat. Lies einmal nach, was im letzten
Kapitel der Bibel geschrieben steht vom Wasserstrom, der klar ist wie Kristall, und von den
schönen Lebensbäumen, die fortwährend Früchte tragen. Da muß man doch auch an den
Belchen denken und daß dann die Bäume da oben w ieder gesund und grün dastehen. Und auch
an die Wiese und ihr Wasser, das wieder so klar wird, daß Kinder drin baden und die
Wanderer wieder daraus ihren Durst löschen können.

Aber jetzt noch zu Deiner Sorge wegen der Markgräfler Kirchen, in denen am Sonntag
soviel Bänke leer bleiben. Sag es nicht weiter, aber das war auch zu meiner Zeit nicht viel
besser. Es ist ein eigener Schlag, die Alemannen. Man muß nicht jeden Sonntag zur Kirche
gehen, sagen sie. Aber wenn eine Pfarrstelle ein Zeit lang vakant ist oder der Gottesdienst
ausfällt, dann kommen sie zornig nach Karlsruhe gerannt. Dann kannst Du was erleben. Ein
Rezept für die Besserung habe ich auch nicht. Ich denke. Gott findet manchmal auch einen
anderen Weg zum Menschen als durch den Pfarrer. "Gott grüßt manchen, der ihm nicht
dankt".- Hoffentlich merkt er's, ehe es zu spät ist. Von mir muß ich sagen: "Am liebsten ging
ich in die Kirche zwischen Ostern und Pfingsten. Da erbaute ich mich am Evangelium, selbst
wenn die Predigt schlecht war. Freilich-und das kann ich nicht leugnen-konnte ich ebenso
gerührt und fromm sein im Grasgarten in Beiertheim, bei einem halben Schöpplein Roten,
unterbrochen vom Glockengeläut und Bienensummen..." Also, was ich meine: Du mußt
Geduld haben mit den Leuten. "Du muesch nit drucke. Du muesch sie locke."

So. jetzt will ich Schluß machen. Mein Freund Hitzig wartet schon auf mich. Die Henriette
Hendel gibt wieder einmal ein Gastspiel, und das wollen wir nicht versäumen. Leb wohl und
grüß auch Deine Susanne von mir. Sie soll einmal probieren, ob sie die letzte Strophe vom
"Schwarzwälder im Breisgau" auf Alemannisch aufsagen kann. Daran wirst Du merken, ob
sie Dich gern hat:

Imme chleine Huus

wandelt i und us-

gelt. de meinsch, i sag der. wer?

sisch kai Sie, es isch e Er,

imme chleine Huus.-

Dein Johann Peter Hebel.

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