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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 1.1992
Seite: 60
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lung rangen, flößten den widrigsten Eindruck ein. Eine alte 76jährige Frau mit Namen
Waldburg Engler, die sich retten wollte, aber übel zu Fuß war. verbrannte gänzlich in des
Nachbars Haus, so daß man nachher nur noch ein kleines Stück von ihrem Rückgrat fand. Eine
andere Frau mit Namen Franziska Schlageter war am ganzen Leib gebraten, und starb am 9ten
Tag an ihren Brandwunden. Viele Andere hatten Brandmale an Haupt, Hals, Händen und
Füßen. Mehrere schlug die Flamme auf der Straße zu Boden. In einer halben Stunde waren 64
Gebäude ein Raub der Flammen, und beinahe 100 Familien wurden wohnungslos.

Erst nachdem der unglückliche Brand vorüber war fühlte man zentnerschwer das Übel. Es
waren weder Speise noch Trank vorhanden, noch Kochgeschirr, keiner konnte dem Anderen
helfen, weil er selbst nichts hatte. Unsere altbadischen Nachbaren waren die ersten, die
unsrer Noth zu Hülfe kamen. Sie übersandten Mundvorrat aller Gattung, womit die
Verunglückten in der Noth ernährt werden konnten, bis endlich eine Sammlung im ganzen
Dreisam-Kreis veranstaltet wurde, die sehr ergiebig war. Denn nebst einem großen Quantum
Früchten aller Art. Kleidungsstücken, Weißzeug u.d. gl. zählte die Unterstützungskasse
11.000 Fl. = Florin (Gulden) wovon die Stadt Basel allein 2000 Fl. lieferte, die vom Pfarrer
selbst abgeholt wurden. Fast ein ganzes Jahr war derselbe auf Reisen begriffen, um Beiträge
zu veranstalten, und um Früchten und Geld einzusammeln. Er kam Selbsten nach Freiburg
und Karlsruhe um für die verbrannte Kirche wieder das Nothwendigste von dem Religionsfond
zu erbetteln. Er erhielt da einen silbernen Kelch, eine Glocke, ein neues Meßgewand,
eine neue Albe, ein Plursial nebst anderen Paramenten im Werth von 800 Fl. Auf dem
Rückwege sammelte er auf allen Aemtern Beiträge, so daß er etwa mit 2.000 Fl. für die
Unterstützungskasse beladen in 14 Tagen zurückkehrte. So machte ich noch mehrere Reisen,
nach Seggingen, Wehr, nach Basel, Rheinfelden. Lörrach, Kandern. Schliengen, Mühlheim.
Staufen, Heitersheim, von welchem letzteren Ort ich mit 8 Fruchtwägen und mit 500 Fl. Geld
auszog. Allein, der Lohn für meine Verwendung war nichts als Undank. Sogar wagten es zwei
Bürger von hier, mit Namen Wendelin Rümmele. der sogenannte Kuhwendel und Xaver
Sütterle, Schreiner nach Karlsruhe zu gehen um bei seiner königlichen Hoheit Ludwig, dem
Großherzog Klage über die Austheilung zu führen. Nachdem man aber aus den Aus-
theilungsregistem bewiesen, daß diese keine Häuser verloren, und schon weit mehr empfangen
haben, als sie durch den Brand verlohren hatten, so wurden sie abgewiesen. Hievon kann
man auf den unruhigen und proceßsüchtigen Schlag der hießigen Menschen schließen.

Indessen da der größten Noth abgeholfen wurde, dachte man an Wiedererbauung der Stadt
Zell. Allein, diese wurde bis ins Frühjahr 1819 aufgeschoben, weil neue Baupläne aufgestellt
, und die Gassen erweitert werden sollten. Erst im Mai wurden die Bauplätze ausgesteckt
, und von da wurde zum Ruhm der Brandverunglückten mit einer solchen Thätigkeit
gearbeitet, daß itzt kaum noch etwa 8 Häuser aufzurichten sind. Da aber alles in voller
Thätigkeit für Erbauung der Wohnungen für Menschen begriffen war. sah man bis itzt noch
die kahlen Mauern der Kirche und den dachlosen Thurm und Pfarrhof, weil das Bauwesen
und ihre Anordnung blos in die Hände des Ministeriums des Innern fiel. Erst im August d.J.
wurden beide Gebäude um 4.000 Fl. versteigert. Jetzt erst wurde der Chor abgebrochen, und
neue Fundamente gegraben. Das alte Langhaus vom Thurm an 90 Schuh lang bleibt stehen,
herentgegen wird die Kirche um 69 Schuh verlängert.

Der Antrag wurde von Seite des Hochl. Amtes zu Schönau unter dem wir seit Aufhebung
des hießigen grundherrlichen Amtes stehen, und von den betreffenden Ortsvorständen dahin
gemacht, daß ich als Pfarrer auf einen anderen Pfarrposten versetzt, die Pfarrei administrieret
, und deren Gefälle auf etwa 5 oder 6 Jahre zu Erbauung der Kirche und Pfarrhof verwendet
werden möchten, weil die Pfarrkirche außer Stand ist, sich selbsten zu bauen, und die Hälfte
der Pfarrgebäulichkeit wie es sonst Regel ist, zu tragen. Hierüber ist itzt noch kein Beschluß
erfolget, nun habe ich begründete Hoffnung auf Luttingen befördert zu werden, wo ich
meinen Verlust von 1.000 Fl. wieder in etwa zu ersetzen zu können gedenke.

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