Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 1.1992
Seite: 162
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-01/0164
Und jetzt rollte der Vorhang zum letzten Aufzug in die Höhe.
Endlieh ist die Frist verstrichen. Faust und Kasper sind beide wieder in ihrer
Vaterstadt. Kasper ist Nachrnüchter geworden; er geht durch die dunkeln
Straßen und ruft die Stunden ab:

'Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen.

Meine Frau hat mich geschlagen;

Hüt't euch vor dem Weiberrock!

Zwölf ist der Klock! Zwölf ist der Klock!'
Von fern hört man eine Glocke Mitternacht schlagen. Da wankt Faust auf
die Bühne; er versucht zu beten, aber nur Heulen und Zähneklappern tönt
aus seinem Halse. Von oben ruft eine Donnerstimme:
Fauste, Fauste, in aeternum damnatus es!12"

Bachmann hat dieses Nachtwächterlied des Hanswurst - es geht auf die Geißelbrechtsche
Fassung zurück221 - als Extrablatt mit graphischer und zeichnerischer Kunst gestaltet.
Im Faust-Spiel kommen diesem Lied mehrere Funktionen zu:

Die Zeit läuft ab, die Verdammung Fausts ist endgültig. Die Kategorie "Zeit" wird dabei
äußerst sinnfällig und dramatisch vorgeführt. Mit dem mehrmaligen "Hört" richtet sich der
eindringliche Appell nicht nur an Faust, sondern auch an die gespannten und sündigen
Zuschauer!

Der Kasper als Nachtwächter: die sozial niedrige Stellung bleibt. Fausts Bitte um
Rollentausch - er bietet Kasper eines seiner besten Kleider an - wird von diesem abgelehnt
und als Betrugsversuch durchschaut. Die Erniedrigung Fausts ist somit grenzenlos. Der Narr
triumphiert. Und als Narr darf Hanswurst innerhalb christlicher Mann-Dramatik sogar
gesellschaftliche Tabus zur Sprache bringen und die Thematik der Sexualität in aller Freiheit
besingen!

Der Nachtwächter kündigt das Ende Fausts an.
Das Spiel ist aus.

Karl-Hans Bachmanns Atelier wird aufgelöst.

Die Puppen wandern ins Lübecker Figurentheater-Museum, wo sie auf weitere gute Pflege
und Präsentation hoffen. Seit seiner Jugend hat sich Bachmann eine liebevolle Scheu vor den
Puppen, seinen eigenen Puppen, bewahrt - so wie er es von seinem Onkel Fritz Gerhards
gelernt hat.

Mit untergeschlagenen Armen stand ich und betrachtete meinen lieben
lustigen Allerweltskerl. Da baumelt er, an sieben Schnüren auf gehenkt; sein
Kopf war vornübergesunken, daß seine großen Augen auf den Fußboden
stierten und ihm die rote Nase wie ein breiter Schnabel auf der Brust lag. (...)
Leise stieg ich auf eine neben mir stehende Bank und begann erst an der
einen, dann an der anderen Schnur zu ziehn; die Kinnladen fingen an zu
klappern, die Arme hoben sich, und jetzt fing auch der wunderbare Daumen
an, ruckM'eise hin und her zu schießen.23)

Bereits im März 1990 hat Karl-Hans Bachmanns Bühne vom Publikum Abschied
genommen. In einem Leserbrief (Badische Zeitung, 13. März 1990) schrieb Fritz Herbster:

"An drei Wochenenden haben die Puppen unsere Villa Aichele mit ihrem geheimnisvollen
Leben erfüllt. Die von Karl-Hans Bachmann vor 25 Jahren mit einem Schülerteam ins Leben
gerufene 'Marionettenbühne Lörrach' nahm mit einer mustergültig inszenierten Rückschau
zugleich Abschied, da es derzeit an Nachwuchskräften fehlt. Manche der mehr als 1000

162


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-01/0164