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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 5
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0007
900 Jahre Wehr

Wolfgang Klein

Für die Geschichte der Erde und ihrer Bewohner sind 900 Jahre nur ein unbedeutender
Augenblick. Im Gegensatz dazu sind diese Jahre für die Entstehung und Entwicklung der
Gemarkung Wehr" und seiner Bewohner eine sehr lange Zeit gewesen. Sie bedeutet die
Auseinandersetzung mit den klimatischen und geographischen Bedingungen, mit der
örtlichen Umgebung sowie mit den Verhältnissen in Kriegs- und Notzeiten mit ihren
möglichen Folgen Krankheit und Tod. Wie wir es im Tal zu Wehr erkennen können, haben
seine Bewohner oft mühevoll diese Jahrhunderte überstehen und meistern können. Nur die
Willenskraft dieser Menschen hat es ermöglicht, daß von einem Weiler in Flienken oder
Enkendorf über einen Marktflecken eine Stadt entsteht.

Wann die ersten Bewohner im Tal auftauchen, darüber schweigen sich die archäologischen
Funde aus. Das Tal ist zur Steinzeit von einer geschlossenen Waldzone umgeben, und
darum ist es zu verstehen, daß die ersten nicht-seßhaften Siedler das Rheintal bevorzugen,
da sich dort eine günstige Anbaufläche zur Erzeugung wichtiger Nahrungsmittel (z.B.
Getreide) befindet. Erst später wird der Wald gerodet, um die Anbauflächen zu vergrößern.
Wir können davon ausgehen, daß die ersten Siedler wahrscheinlich in diesem Gebiet zu
Beginn der Jungsteinzeit auftauchen, wenngleich wir sie in der weiteren Umgebung wie
Otlingen, Wallbach und Schwörstadt wesentlich früher über Funde feststellen können2.

Im 3. und 2. Jahrhundert v.Chr. ziehen die keltischen Stämme der Helvetier und der
Rauriker von ihren bisherigen Wohngebieten am Mirtelrhein und Main nach dem Süden.
Während sich die Helvetier im Norden der Schweiz niederlassen, besetzen die Rauriker beide
Seiten des Hochrheins. Sie geben dann dem Druck weiterer germanischer Stämme nach und
beschließen, nach Gallien auszuweichen. Hier stellt sich ihnen der römische Statthalter
Julius Caesar entgegen und zwingt sie. wieder in ihre alte Heimat zurückzugehen. Rechtsrheinisch
befindet sich noch eine kleine Gruppe von Raurikem. die den Zug nach Gallien
nicht mitgemacht haben. Nach der Eroberung von Landstrichen bis zum Main und der Donau
durch die Römer kommen die spärlichen Reste der Kelten mit diesen in Berührung. Dieses
Gebiet wird mit einem großen Grenzwall, dem Limes, abgesichert. Dahinter befindet sich
das sogenannte Zehntland (= agri decumates). das im wesentlichen als Versorgungsgebiet
gilt. Hier siedeln die Römer ihre Legionsveteranen und Gallier auf Gutshöfen mit zugeteilten
Ländereien an. um ihre Nachschubwege möglichst kurz zu halten. Leider geben uns die
vorhandenen Urkunden und archäologischen Funde keinen Hinweis, inwieweit die Römer
das Wehratal aufsuchen oder befestigen.

Nach zwei ruhigen Jahrhunderten am Hochrhein unter römischer Herrschaft beginnt im 3.
Jahrhundert der Zug der Germanen, unter ihnen die Alemannen, nach Süden. Sie überrennen
den Limes und fallen in das Decumatland ein. Der Rhein schützt etwa für die nächsten 200
Jahre vor dem weiteren Vordringen der Alemannen, bis auch dieses "Bollwerk" nach 450
aufgegeben wird. Inzwischen lassen sich rechtsrheinisch die Alemannen nieder und gründen
Siedlungen. Die vorgefundenen alemannischen Kistengräber, die bisher in Wehr und
Enkendorf ausgegraben wurden, werden dem 7. Jahrhundert zugeschrieben. Sie enthalten
nur wenig Waffenbeigaben und sind wahrscheinlich in der Mehrzahl christlichen Ursprungs,
während die in Brennet freigelegten Gräber noch Langschwerter enthalten und mindestens
100 Jahre älter sind.

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