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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 29
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terhaltung. zu der ausdrücklich auch die passiven Mitglieder eingeladen waren6". Beispielhaft
für den gepflegten Vereinsstil ist ein Konzertabend im Gasthaus Drei Könige, der
sinnigerweise am Dreikönigstag 1902 stattfand und u.a. eine humoristische Gabenverlosung
vorsah. Neben den von den Sängern selbst vorgetragenen Liedern standen Solovorträge der
"Konzertsängerin. Frl. Steiner, die wir wohl als Meisterin im Gesang wie Klavier bezeichnen
können"62'. auf dem bunten Programm. Hier galt es offensichtlich durch die Einbeziehung
einer professionellen Künstlerin ein bestimmtes Niveau, einen bestimmten Stil und Anspruch
zu repräsentieren.

2.23. Der Männerchor

Der hier zu behandelnde Männerchor, der nicht mit dem heute existierenden Verein
gleichen Namens identisch ist6'. wurde um 1878 von Ed. Eschbach gegründet. Das kann man
einem Bericht über eine Generalversammlung des Chors im Gasthaus Schwanen entnehmen.
Dort heißt es: "Am Schluß der Tagesordnung wurde noch das verehrte Mitglied und Gründer
des Vereins Herr Ed. Eschbach. Wagner, welcher 17 Jahre aktiv und 9 Jahre passiv dem
Verein angehörte, als Ehrenmitglied aufgenommen"64). Daraus ergibt sich, von 1895
zurückgerechnet, das ungefähre Gründungsdatum. Vorsitzender des Vereins war der Maurermeister
Hermann Senger. Bürgermeister Trefzger und Fabrikant Schenz fungierten als
Beiräte. Ihre Wiederw ahl im Januar 1895 erfolgte einstimmig. Im Jahr 1902 finden wir Adolf
Senger als l. Vorsitzenden65'.

Der Verein besaß im Jahr 1895 insgesamt 102 aktive und passive Mitglieder. Es bestand
ein großer Bedarf an aktiven Sängern, was man dem zitierten Pressebericht entnehmen kann,
wo es heißt, daß es äußerst wünschenswert wäre, wenn sich "mehr Sangesfreunde anschließen
würden" m. Vergleicht man den Kassenstand des Männerchors mit dem des Liederkranz
, so fällt das weitaus geringere Vermögen auf: 352.92 Mark an Einnahmen standen
223.83 Mark an Ausgaben entgegen. Die Differenz war als Guthaben des Vereins ausgewiesen
. Wenn betont wurde, daß der "Kassenvorrath (...) hauptsächlich einigen passiven
Mitgliedern zu verdanken" sei. dann folgt daraus, daß die Masse der Mitglieder des
Männerchors nur wenig Geld für ihre Vereinskasse aufbringen konnte. Und dies hatte seinen
guten Grund!

Obwohl mit Trefzger und Schenz hochkarätige Persönlichkeiten der Wehrer Gesellschaft
Beiräte waren, wird die Mehrheit nicht der Oberschicht des Industriedorfes angehört haben.
Wahrscheinlich rekrutierte sich der Männcherchor aus den lohnabhängig Beschäftigten, d.h.
vorwiegend aus der Arbeiterschaft, die mit dem Aufblühen der Textilindustrie in Wehr
zugenommen hatte. Dies könnte auch den engen Kontakt zum Arbeiter(fort)bildungsverein
erklären. Eventuell wurde der Männerchor sogar in einer Art Gegenbewegung zum Liederkranz
gegründet, weil dieser eine geschlossene Gesellschaft des gehobenen Bürgertums, der
Selbständigen darstellte. Hier dürfte eine gewisse Lager-Mentalität zum Vorschein gekommen
sein.

Dem beschriebenen Kassenstand entsprechend fiel denn auch das Weihnachtskonzert im
Jahr 1895 aus. Professionelle Künstler konnte man sich nicht leisten. So bestritt man den
Abend mit eigenen Kräften. Er sah neben den Gesangsdarbietungen auch "komische
Vorträge" 6" vor. die sich in der Festkultur der Vereine großer Beliebtheit erfreuten.
Überhaupt scheint im Männerchor das gesellige Moment mehr als im Liederkranz vorgeherrscht
zu haben. Denn die Mitglieder des älteren Vereins waren wegen ihrer hohen
künstlerischen Ansprüche und ihres Engagements bei Wertungssingen mehr durch Probenarbeit
gebunden als ihre Kameraden vom Männerchor, deren Energien unbekümmert ins
Gesellige flössen. Beispielsweise fuhr man im Mai 1902 nach Todtnau, wo man mit den

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